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Honnis Koffer noch zu haben

■ Auktionshaus am Neuen Wall verscherbelt Honeckers Sachen / 3000 Mark fürs Telefon

am Neuen Wall verscherbelt

Honneckers Sachen / 3000 Mark fürs Telefon

Ein Koffer und ein Telefon — Alltagsgegenstände, die jeder hat, nichts Besonderes. Haben oder hatten solche Utensilien jedoch prominente Besitzer, schnellt der Wert in die Höhe. Das Markt-Prinzip von Angebot und Nachfrage regelt auch hier den Preis. Eine Jacke von Elvis zum Beispiel oder eine Gitarre von Jimi Hendrix sind heißbegehrte und umkämpfte Einzelstücke, für die fetischhungrige Fans mehrere tausend Dollars hinlegen würden. Doch wie sieht der Marktwert einer Sache aus, deren ehemaliger Besitzer ein Politiker ist? Was wäre wohl die Pfeife Björn Engholms wert? Oder der Elbsegler des Ex-Bundeskanzlers Schmidt? Das wird man abwarten müssen.

Doch der Wert des roten Telefons, das Erich Honnecker in Direktleitung mit Gorbi verband, konnte am Samstag nachmittag genau beziffert werden. Das „hanseatische Auktionshaus für Historika“ am Neuen Wall versteigerte das Kommunikationsgerät für 3000 Mark. Diese Summe wurde aber nicht von einem spinnerten Privatmann ausgegeben, sondern von einem historischen Museum aus der Schweiz, das per Telefon an der Auktion teilnahm. Ein deutsches Museum, das ebenfalls mitbot, stieg vorher aus — der Kaufpreis wurde zu hoch.

Über die Absichten des schweizerischen Käufers verriet Herr Beer, Chef des Auktionshauses, nur, daß eine „Ausstellung über den kalten Krieg“ geplant sei. Doch die MuseumsbesucherInnen in der Schweiz werden nur das Telefon mit der brisanten Funktion bestaunen dürfen, nicht aber Honneckers Koffer. Das vom Auktionshaus geforderte Minimum von 3500 Mark wurde nicht geboten. Das Gepäckstück ist also noch zu haben, allerdings müßte ein bestehendes Angebot von 3000 Mark übertroffen werden. Vielleicht blättert ja Erich- Fan Udo Lindenberg die Summe auf den Tisch? Da kann er sich dann geschickt zu einem neuen Liedchen inspirieren lassen, womöglich mit dem Refrain: „Ich hab 'nen Koffer von Honni in Hamburg ...“ Annette Bolz

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