: Wo Kunststoff zu Parkbänken wird
■ Auch ohne „Gelben Sack“ wird man den liebevoll gehorteten Kunststoff los
Den „Gelben Sack“ gibt es zur Zeit nur in einigen Stadtteilen. Doch wer ihn nicht vor die Tür stellen kann, kann trotzdem sammeln und was fürs Recycling tun. Die Recyclinghöfe nehmen Kunststoff aus Haushaltsmüll an - nur sauber muß er sein.
Die Stadt leitet den Kunststoff zur Firma Becker. Becher und Flaschen werden in Handarbeit von den Folien sortiert und getrennt verarbeitet, da sie aus verschiedenen chemischen Substanzen bestehen. Siebzig Prozent der Haushaltskunststoffe sind aus Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP). Auch mit etwa 4-7 % giftigen PVC Anteilen muß man im Haushaltsmüll leider rechnen. „Wie nehmen kein reines PVC an, da haben wir uns selbst ein Verbot auferlegt“, sagt Björn Becker, Chef vom Richard Becker-Betrieb. Das bei der Verbrennung freigesetzte giftige Dioxin kann in dieser Wiederverwertungsanlage für Kunststoff beim Verarbeitungsprozess nicht entstehen, da die Temperaturen zu niedrig sind. Auch Styropor wird bei Beckers nicht weiter verarbeitet, da es vor der Wiederver
Mr Becker himself auf einer seiner Recycling-ParkbänkeFoto: Katja Heddinga
wertung in einer Spezialanlage entgast werden müßte.
Auf dem Betriebshof liegen bunte Stapel zusammengepreßter Plastikmüll und warten auf die Weiterverarbeitung. Das übliche Verfahren: Erst geht alles Plastik durch einen Schredder; das Mahlgut wird dann erhitzt; die plastische Masse durch eine Düse ins „Werkzeug“ — eine Gußform — gepreßt; die Form geht durch ein Wasserbad, und zum Schluß schießt mit einem Riesenknall ein „Profil“ heraus. Darunter muß man sich eine Art Latte vorstellen. Mal dicker, mal dünner. Mal rund, mal eckig.
Manchmal gibt es Aufträge für eine ganz bestimmte Form. So wollte unlängst eine Firma Profile haben, anstelle von Holzlatten, für die sie früher Tropenhölzer verwendet hatte.
Folien hingegen werden grundsätzlich „agglomeriert“: In einem Gefäß, in dem schnelle Messer rundlaufen. Durch die Friktion erhitzt sich das Material, daß es zu einer weich formbaren Masse wird und wie das ander Plastik weiterverarbeitet werden kann.
Man kann das Recyclat beeinflussen. Mit der Mischung bestimmter Stoffe kann zum Beispiel die Festigkeit des Materials gestärkt werden. Doch um ein besser verwertbares Recyclat herstellen zu können wäre „eine klare Kennzeichnungspflicht das Materials
Hierhin bitte
den Herrn auf der Bank
vor dem Müllhaufen
hilfreich“, findet der ehemalige Sozialarbeiter Becker.
„Das Produkt ist schwer auf den Markt zu bringen“, sagt Becker. Emotional reagierten die meisten Menschen auf Kunststoff-„Müll“, zunächst negativ. „Dabei sind es doch nur der Jogurthbecher, aus denen sie vorher gegessen haben“, schüttelt Becker den Kopf. Aber was solle man mit dem Müll sonst machen? „Nach Indien transpor
tieren? Oder in die thermische Verwertung“, sprich Müllverbrennungsanlage? „Es gibt im Moment keine bessere Alternative“, findet Becker. Und wer das Material mal kennenlernen will, kann auf dem Kennedy-Platz an den Wallanlagen ein 100 Prozent Kunststoffrecyclat-Produkt anschauen: Eine Pergola aus Vollplastiklatten.
Vivianne Agena
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