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Die norddeutsche U-Boot-Affaire

■ CDU/FDP: Untersuchungsausschuß in Niedersachsen? / SPD: „Keine Koalitionskrise“

Mit Kritik vom Koalitionspartner Grüne hatte Gerhard Schröder gerechnet. Doch das erwartete regierungsinterne rot- grüne Unwetter wegen der Unterstützung für Rüstungsexporte nach Taiwan droht für Niedersachsens Ministerpräsidenten zu einem politischen Sturm zu werden.

Die Oppositionsparteien CDU und FDP stellten am Freitag die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses in Aussicht. „Es geht um die Glaubwürdigkeit von Gerhard Schröder und der SPD in Deutschland in Sachen Rüstungsexporte“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Jürgen Gansäuer in Hannover. Es müsse geklärt werden, wer die Unwahrheit sage, meinte FDP- Fraktionschef Martin Hildebrandt.

Das weitere Vorgehen machten beide von der Aktuellen Stunde während der Landtagssitzung in der nächsten Woche abhängig. Nach Meinung Hildebrandts würden rot-grüne Kabinettsbeschlüsse durch das Verhalten Schröders auf den Kopf gestellt und die Öffentlichkeit getäuscht. Nach Angaben Gansäuers wird die CDU auf jeden Fall im Landtag den Antrag stellen, das Verhalten des Ministerpräsidenten mißbilligen zu lassen. Der Antrag könne aber aus formalen Gründen erst im Februar-Plenum behandelt werden.

Die Junge Union Deutschland kritisierte die „doppelte Moral der Sozialdemokraten“. Die SPD erhebe einerseits die Forderung nach einer Festschreibung scharfer Kontrollen der Rüstungsexporte im Grundgesetz, auf der anderen Seite stehe „Schröders Kniefall vor dem Auftragsbuch der Werften“.

Der SPD-Landes-und — Fraktionsvorsitzende Johann Bruns meinte, CDU und FDP müßten selbst entscheiden, „ob und wie sie sich mit dem Einsetzen eines Untersuchungsausschusses lächerlich machen“. Der Opposition gehe es offenbar nur um Polemik. Das Verhalten Schröders war aber nicht nur bei der Opposition, sondern auch beim Koalitionspartner Grüne auf heftige Kritik gestoßen. Nach Angaben von Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye hat Schröder die Kritik „erwartet und sehr ernst genommen“. Die Koalition werde an diesem Punkt aber nicht zerbrechen.

Heye betonte vor Journalisten, die Entscheidung über den Auftrag liege beim Bundessicherheitsrat. Er erklärte, die norddeutschen Ministerpräsidenten hätten sich auf einer Konferenz im Oktober zum möglichen taiwanesischen Rüstungsauftrag darauf geeinigt, sich „nicht öffentlich gegen einen positiven Bescheid aus Bonn zu wenden“.

Wedemeier steht zu Schröder: Dramatische Auftragslage bei Werften

Schröder hatte erklärt, er habe im Auftrag der Küstenländer gehandelt. Ein Sprecher der schleswig- holsteinischen Landesregierung sagte, die Engholm-Regierung habe keinen Auftrag erteilt. Bremens Regierungschef Klaus Wedemeier bestätigte dagegen Schröders Aussagen. Grund für die Initiative der Ministerpräsidenten sei eine Nachfrage des Bundeskanzleramtes gewesen. Die Haltung der Länderchefs sei durch die dramatische Auftragslage der Werften beeinflußt.

Voscherau: Kein Druck auf den Kanzler

Hamburgs Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) hat nach eigenen Angaben nicht beim Bundeskanzler um einen U-Boot- Auftrag aus Taiwan geworben. Er betonte aber auf Anfrage, daß Hamburg durch die Werft Blohm & Voss von einem solchen Auftrag auch profitieren würde. Es habe im Herbst aber nur einen „vorsichtigen wechselseitigen Informationsaustausch“ zwischen der Konferenz Norddeutschland und Kohl gegeben. Dabei sei die Auftrags- und Geschäftslage der norddeutschen Werften dargestellt worden. „Wir haben aber keinerlei Druck auf den Kanzler ausgeübt, dieses zu bejahen.“

Eine Sprecher der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns sagte, das Land sei grundsätzlich an Aufträgen für die einheimischen Werften interessiert. Dies gelte auch für Aufträge aus Taiwan. Hannes Boekhoff/dpa

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