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Tarifvertragsbrüche auch im Westen?

■ Das befürchtet Frank Teichmüller, Bezirksleiter der IG Metall-Küste

INTERVIEW

Tarifvertragsbrüche auch im Westen? Das befürchtet

Frank Teichmüller, Bezirksleiter der IG Metall-Küste

taz: Welche Auswirkungen hat der Tarifvertragsbruch im Osten auf die westdeutsche Metallindustrie?

Teichmüller: Ich gehe davon aus, daß hier nur das Exzerzierfeld ist, mit dem die westdeutsche Industrie — ohne selbst betroffen zu sein — etwas ausprobieren kann. Wenn das dann durchgesetzt ist, wird das übertragen.

Gibt es konkrete Beispiele dafür, daß im Westen Tariferrungenschaften angetastet werden sollen?

Es gibt sogar sehr genaue Aussagen. „Gesamtmetall“-Verbandschef Kirchner hat in einem Interview gesagt, das sei zur Zeit keine Frage. Ich verstehe das so, daß zur Zeit heißt, das wird aber eine. Der Sprecher des Arbeitgeberverbandes Württemberg hat erklärt, wenn im nächsten Jahr die übertariflichen Bestandteile nicht mehr ausreichen, um die Probleme auszufedern, müsse man den Tarifvertrag Arbeitszeit kündigen — der übrigens nicht kündbar ist — und das wäre dann eine identische Situation hier im Westen.

Wird es auch im Westen zu Arbeitskampfmaßnahmen kommen? Schließlich haben die Unternehmner im Osten geltendes Tarifrecht gebrochen, muß sich die IG Metall da noch an die Friedenspflicht gebunden fühlen?

Wir haben im Westen natürlich den Tarifvertrag, der uns formal an die Friedenspflicht bindet. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß die Kollegen im Westen einfach nur zugucken, was in Mecklenburg-Vorpommern passiert. Wir werden natürlich gerade in unserem Bezirk West-Ost alles tun, um da eine möglichst breite Unterstützung zu bekommen.

Was können die westdeutschen Metaller und GewerkschafterInnen unternehmen, um Solidarität mit den Kollegen im Osten zu üben?

Das Wichtigste ist, daß Druck auf die eigenen Arbeitgeber gemacht wird. Denn das, was hier die Verbände machen, machen sie vor dem Schutz iher Mitgliederversammlungen. Das ist ja alles abgestimmt. Und: Wer einen Tarifvertrag, wie wir ihn bisher hatten, in der Bundesrepublik noch haben will, der muß auf die Arbeitgeberverbände Druck machen. Wir könnnen als IG Metall Tarifverträge nicht alleine abschließen. Sonst führt das zu einer Balkanisierung — dann gibt es nur noch kleine Haustarifverträge.

Die Fragen stellte Kai von Appen

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