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Grobe Seitenhiebe und keine Reue

■ Ex-Finanzsenator Claus Grobecker jovial und selbstbewußt vor dem Untersuchungsausschuß Stadtwerke

Claus Grobecker, sozialdemokratischer Haudegen, Ex-Finanzsenator und ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke, saß gestern im Zeugenstand des Untersuchungsausschusses. Mit lärmender, zuweilen jovialer Grandezza versuchte er, jeden Zweifel an seiner Amtsperiode wegzuwischen und dabei immer wieder Pfeile gegen Senatsspitze und Stadtwerkevorstand abzuschießen: Mit ihm als Aufsichtsratsvorsitzenden wäre es nicht zu Alleingängen des Vorstandes wie der 90.000-Mark-Spende an die SPD gekommen. Er hätte den Vorstand entlassen.

Gleichzeitig versuchte Grobecker das Bild eines Machers zu bieten, der nichts zu bereuen hat: Weder, daß er sich nie um die Spendenpraxis des Unternehmens gekümmert hat, noch, daß er auch lange nach seinem Ausscheiden den billigen Strom- Werkstarif erhalten hatte. Doch es war ein schwitzender, zappelnder Claus Grobecker, dem das Verhör sichtlich unangenehm war, der sich am Ende doch noch in Widersprüche verwickelte.

Gestern war der Tag der kleinen Parteien. Die Vertreter der SPD im Ausschuß, allen voran der Ausschußvorsitzende Reinhard Barsuhn, vermieden peinlichst jede kritische Nachfrage an den Parteifreund, und die CDU- Vertreter schienen sich so an einem Zeugen zu freuen, der gegen Klaus Wedemeier stänkerte, daß ihnen schon bald das Fragen ausging. Ganz anders dagegen die Vertreter von FDP und Grünen: Freundlich, aber bestimmt bohrte Peter Braun für die FDP immer wieder nach, wie denn genau der Aufsichtsrat die Aufsicht über den Vorstand ausgeübt hat: In Sachen Spenden gar nicht.

Und der Grüne Hermann Kuhn ließ sich auch durch einen Grobecker, der ihm immer wieder ins Wort polterte nicht beirren und bohrte weiter beim Thema Billigstrom: Er zerstörte damit eine Rechtfertigungs-

strategie Grobeckers. Der hatte dem Ausschuß entgegengeschmettert, warum er nicht das Geld zurückbezahlt hat, das er durch den Billigtarif gespart hatte: Erstens habe ihm der Vorstand den Werkstarif so angeboten, als sei das eine ordentliche Angelegenheit und zweitens habe er den Vorteil ordentlich versteuert. „Ich bin Finanzer“, betonte er stolzgeschwellt.

Aber dann verwickelte er sich in Widersprüche: Braun hatte gefragt, ob er bei seinem Ausscheiden nicht daran gedacht habe, nun wieder den Normaltarif zu bezahlen. Grobecker: „Das hab ich nicht mehr präsent gahabt.“ Das kam dem Grünen Kuhn komisch vor: Ob er, Grobecker, denn nicht immer dann an den Werktarif erinnert worden sei, wenn er seine Steuererklärung gemacht habe. Das wurde Grobecker zu viel, das verstoße gegen das Steuergeheimnis. Und auch Reinhard Barsuhn wurde ganz unruhig und bezweifelte, ob das zum Untersuchungsgegenstand des Ausschusses gehörte. Die Sitzung wurde unterbrochen und der Ausschuß beriet eine Viertelstunde, ob der Grüne so fragen durfte. Er durfte: Ob Grobecker erst durch eine öffentliche Auflistung der Stadtwerke aus dem Sommer 92 erfahren habe, daß er Billigstrom beziehe. „Nein.“ Ob er sagen könne, wann er das erfahren habe? „Nein.“

Damit war die Sitzung beendet und klar, daß die Version vom Saubermann, der in jedem Jahr brav seine Steuern auf den Billigstrom bezahlt und deshalb eine Rückzahlung nicht in Frage kommt, so ganz nicht stimmen konnte. Es lag auf der Hand, daß Grobecker erst im Sommer letzten Jahres, auf dem Höhepunkt der Affäre, dem Finanzamt Meldung gemacht hatte.

Zuvor hatte Peter Braun immer wieder nach der internen Struktur der Stadtwerke gefragt. Die Spenden seien in den Vorstandsprotokollen vermerkt: Ob er als Vorsitzender des Aufsichtsrats sich nicht interessiert habe, wohin die Spenden fließen? Doch da traf Braun auf einen Grobecker, der nichts hatte wissen wollen. Die Spenden hätten ihn nicht interesiert. Kleine Fische gewesen gegen das, wofür er das Amt angetreten hätte: Als Finanzsenator so viel Geld wie möglich für die Stadt herauszuschlagen. Spenden — das sei ein Fall für den Vorstand gewesen. Und dessen Protokolle hätte er schon aus Prinzip nicht gelesen: „Ich habe reichhaltige Erfahrungen damit, wenn Aufsichtsräte in die Unternehmen hineinregieren.“ Jochen Grabler

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