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Unerträglicher Begriffsbrei

■ betr.: "Der Babykrieg", taz vom 22.4.93

betr.: „Der Babykrieg“,

taz vom 22.4.93

Gisela Wuttke hat das wirklich seltene Kunststück fertiggebracht, bei den etlichen tausend verquasten Worten über Aspekte der Kindesadoption in Bosnien und anderswo mit absolut keinem einzigen Wort auf das Wohl des Kindes einzugehen. Statt dessen ein unerträglicher Begriffsbrei, der sich vor jeder klaren Aussage drückt und letztlich die Kindesadoption statt der zugrunde liegenden Vergewaltigung als „psychische Amputation“ bezeichnet und damit diskreditiert. Frau Wuttke kann sich hier gewiß der wärmsten Unterstützung des Herrn Woityla in Rom sicher sein, der, wie man weiß, das höchste Glück der Frauen darin sieht, Kinder zu bekommen und aufzuziehen, wie unerwünscht sie auch seien und wie immer sie auch zustande gekommen sein mögen. Und es kann in diesem Zusammenhang nur noch als zynisch verstanden werden, lehrhaft auf die in den „Entwicklungsländern gesammelten Erfahrungen“ hinzuweisen, um daraus zu lernen. Ja, was denn bitte schön? Doch nur dies: daß Hunger, Verlassenheit, Ausgestoßensein und Verfolgung inzwischen die einzigen Perspektiven von Millionen Kindern sind!

Aber Hauptsache, wir verschließen unsere Augen vor den Möglichkeiten der Adoption als Einzelfallhilfe für verlassene Kinder und waschen unsere Hände in Unschuld in der Exegese der reinen Lehre, die da sagt, daß Adoption nicht sein darf, da sie ja keine Probleme löse. Wie heuchlerisch, Frau Wuttke. Das Gegenteil ist der Fall. Auch Emine, das abgebildete bosnische Baby, Ergebnis einer Kriegsvergewaltigung, hat grundsätzlich das gleiche Anrecht auf Leben, Glück und Liebe wie alle anderen. Völlig unwichtig dabei, ob sie bei leiblichen oder Adoptiveltern aufwächst!

Natürlich braucht auch ihre Mutter unsere Hilfe: man muß eben das eine tun und darf das andere nicht lassen. In keinem Fall aber darf man diese Bereiche gegeneinander ausspielen, wie es Frau Wuttke getan hat. Wolfgang Meckel, Berlin

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