: Austauschbare alte Lappen?
■ betr.: "Unterm Strich", taz vom 22.4.93
betr.: „Unterm Strich“,
taz vom 22.4.93
Ich weiß nicht, wen in Eurer Kulturredaktion die Tatsache, daß „Kultstar“ Woody Allen sich wohl doch als schlichtes menschliches Ferkel entpuppt hat, zu solchen Verbalattacken gegen Mia Farrow greifen läßt, aber so was wie diese liest man ja nicht einmal in der Springerpresse: „Hysterische“, „mittelalterliche“ „Kuh“ steht dem „Glück des weit über mittelalterlichen, ohnehin häßlichen Woody mit ihrer“ Adoptivtochter, auch noch anschmiegsam und mandeläugig aus dem asiatischen Raum, entgegen und ist tatsächlich (man höre und staune!) gekränkt! Hat sie denn noch nicht begriffen, daß Frau ein austauschbarer alter Lappen ist, den jeder glatzköpfige, dickbäuchige Alte noch gegen „was Junges“ tauschen kann?
Wie wär's denn, Mia Farrow ginge mal dem Adoptivsohn von Woody Allen (über 30 Jahre jünger!) an die Wäsche? Die Weltpresse würde aufheulen.
Ich fand es unglaublich, wie hier plötzlich das jetzige Alter der Adoptivtochter sowie die Tatsache, daß er sie ja offiziell nicht adoptiert hat, als Verteidigung herhalten muß. Sie hat Woody Allen viele Jahre als Vaterersatz und Partner ihrer Mutter erlebt. Das genügt ja wohl als Tatbestand der Verführung Minderjähriger und sexueller Nötigung/Ausnutzung in Abhängigkeitsverhältnissen.
Daß er auch noch versucht, Mia Farrow in seinem letzten Film als „zickige Alte“ spielen zu lassen (wie gut, daß er sie endlich los ist!) und sich gleichzeitig als der unwiderstehliche Verführer anscheinend geschmacksverirrter Jungstudentinnen mit Vaterkomplex darstellen will, ist schlicht unverschämt. Schickt Woody Allen doch mal Eure taz-Kinder und laßt ihn sie mal selbst versorgen! Vielleicht dreht er dann bessere Filme! Vorausgesetzt, daß an den Vorwürfen gegen ihn sonst wirklich nichts dran ist.
Es ist schon erstaunlich, wie schnell Ihr auch in „Unterm Strich“ das „befreiende“ Gerichtsurteil zitiert habt. Ich kann es in diesem Fall aufgrund von unklaren Informationen nicht beurteilen, weiß aber, daß es schon oft Fehlurteile gegeben hat und wäre jedenfalls etwas vorsichtiger. Backlash, ich hör dir trappsen!
Ich finde jedenfalls Euren journalistischen Umgang mit Mia Farrow, ohne die als Schauspielerin (und Ideengeberin!) Woody Allens Filme sicher nicht solche Erfolge gewesen wären, mehr als beschissen! Bitte nicht weiter so. [...] Birgit Völker, Düsseldorf
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