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Durch ein Loch in der Brustwarze schimmert es blau

■ Teresa Furtado, eine junge portugiesische Künstlerin, zeigt ihre grellen Collagen und Radierungen in der Bremer Portal Gallery

Die Portugiesin Teresa Furtado ist gerade 26 Jahre alt und hat doch schon eine mächtige Reihe von knallig-zynischen, gemein-schönen, großformatigen Bildern gemacht, die eines auf Anhieb verraten: Niemals könnten ihre wildkomponierten Collagen, ihre ironisierten Frauenportraits und die unheimlich sanften Kinder von einer deutschen Künstlerin stammen.

Die Kinder nicht, weil sie so ernst lächeln und so gut angezogen sind wie katholisch erzogene junge Südländer, und sich so zärtlich aneinanderschmiegen, daß sie, trotz des goldenen Bild- Hintergrundes, plötzlich an das verlogene Liebespaar auf einem anderen Bild erinnern. Die sinnlichen und überhübschen Frauen im Badezimmer oder auf karierten Betten nicht, weil sie so anziehend sind, obwohl sie in Aussehen und Gesten alle Männerklischees erfüllen. Scheinbar erfüllen. Die Frauen sind nicht einfach gemalt, sie sind geklebt, aus Fetzen gerissen, mit durchsichtiger- und Alufolie überspannt — und da scheint sich plötzlich die Haut abzulösen, durch ein Loch in der Brustwarze schimmert die himmelblaue Badezimmerwand durch, unter der Dusche waschen sich die Farben ab.

Die Bilder von Teresa Furtado mögen an Pop-Art erinnern — sie spielen mit ähnlichen Formen, Überspiegelungen, knalligen Farben, sie gehen schematisch nah an Menschen und Räume heran. Pop-Art aber verfügt nur über eine eindimensional kühle Ironie, Teresa Furtado dagegen fließt beinahe über vor Emotionen, und hinter der distanzierten Collage-Machart steckt der Versuch, die heftigen Gefühle in den Griff zu bekommen: Liebe und Haß zwischen den Geschlechtern, sentimentale Kindheitserinnerungen, Unsicherheit über ihre Identität.

Die Arbeiten von 1993 lassen Barbie-Puppen durch aufgestylte,aber perspektivisch verdrehte Räume hasten oder aus deren Fenstern zum Gartenswimmingpool starren, als wollten sie sich darin erränken. Auch in diesen Collagen entkommt Teresa Furtado mit großer Souveränität den Fallen von Kitsch, Konvention und bloßer Spielerei.

Die junge Frau aus Lissabon hat bisher noch keine Einzelausstellung gemacht, noch kein Bild verkauft. Ein Stipendium an der Kieler Kunsthochschule nach ihrem Studium allerdings brachte eine erste, hochverdiente Anerkennung ihrer unverdorben freien Arbeiten. Obwohl zu erwarten ist, daß ihr der Durchbruch gelingt, gibt es bis jetzt noch keinen besseren Ort für ihre Collagen und Radierungen, als die Bremer Portal Gallery, die mit Teresa Furtado eine hochinteressante Entdeckung gemacht hat. CoK

hier bitte die Bilder

mit den Kindern

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