: Gen-Karnickel im Vorgarten?
■ Anwohnerprotest gegen molekulares Neurobiologie-Zentrum am UKE
Rund 75 Millionen Mark will die Hansestadt in den Neubau des Zentrums für molekulare Neurobiologie (ZMNH) auf dem Gelände der ehemaligen UKE-Zentralwäscherei investieren. Am vergangenen Donnerstag präsentierte Wissenschaftssenator Leonhard Hajen das Projekt der Öffentlichkeit.
Zu der „Goodwill“-Veranstaltung der Wissenschaftsbehörde waren etwa 200 betroffene Anlieger gekommen. Eine Anhörung wird es nicht geben. Einwendungen können nur schriftlich bei der Umweltbehörde eingereicht werden. Im November wird dann entschieden.
Neben Hajen warben ZMNH-Gründungsdirektor Dietmar Richter, Architekt Rainer Steffen und Gutachter Hans-Günter Gassen für das viergeschossige, rund 1500 Quadratmeter große Gebäude der Sicherheitsstufe 1. Außerdem werden auf 300 Quadratmetern S 3-Labore mit erhöhtem Sicherheitsstandard eingerichtet. Baubeginn: Noch in diesem Jahr. Möglichst bald sollen dort mit Hilfe der Gentechnik die Geheimnisse des menschlichen Gehirns gelüftet werden.
Von der Eppendorfer Bürgerinitiative gegen das Forschungszentrum wurde vor allem der geplante Standort an der Martinistraße/Ecke Falkenried kritisiert. „Das ist mitten in einem Wohngebiet“, so der Vorwurf. Nur Gutachter Gassen vermochte weder für die Beschäftigten des Zentrums, noch für die Anwohner eine Gefahr erkennen. „In die Zukunft kann ich allerdings nicht gucken.“ Gerade deshalb forderten die Zentrums-Gegner, nach anderen Bauplätzen Ausschau zu halten. Für die Wissenschaftler ist jedoch die Nähe zum UKE unverzichtbar.„Unnötig sind dagegen die Hochsicherheitslabore,“ so ZMNH-Direktor Richter. Derzeit würden entsprechende Experimente nicht durchgeführt und seien auch nicht geplant. „Die S 3-Labore wurden auf Verlangen des Gutachters projektiert,“ erklärte Wissenschaftssenator Hajen. Schließlich wisse man nicht, was in fünfzig Jahren sein wird. Das genau ängstigt viele Anlieger. Ihre Befürchtung: Wenn die Labore erst einmal vorhanden sind, werden sie auch für entsprechend gefährliche Versuche genutzt. Dann, so ihre Horrorvivion, könnten genmanipulierte Viren in das Wohngebiet entweichen. Sie kritisierten die Philosophie der Risikominimierung als „Verarschung der Leute“. Schließlich würden auch AKWs trotz aller Sicherheitsvorkehrungen nicht in Wohngebiete gestellt. Darauf Gutachter Gassen: „Das gentechnisch veränderte Karnickel will ich sehen, das das Gefahrenpotential eines Atomunfalls hat.“
Ulrich Bahnsen
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