: Demo gegen „politische Vergewaltigung“
■ Auf Kundgebung Rednerinnen einig: Richter treten Rechte der Frau mit Füßen
Als „finanzielle Ohrfeige“ bezeichnete Beate Pack-Dieterich, Ärztin beim Sozialmedizinischen Dienst, die neue Regelung des Paragraphen 218. Durch die neuen Vorgaben sei die Zwangsberatung noch restriktiver und demütigender geworden, sagte sie auf der Demonstration gegen das Urteil des Verfassungsgerichtes zum Schwangerschaftsabbruch, die am Samstag in Berlin stattfand. „Ich empfinde es als unwürdig, eine Frau auf ihre Gebärpflicht hinweisen und nach dem kostengünstigsten Abbruch suchen zu müssen.“ Keine Frau lasse sich zu einem Kind überreden.
Gegen 16 Uhr hatten sich die TeilnehmerInnen der Demonstration für eine frauen- und kinderfreundliche Politik anstelle des „unwürdigen“ Karlsruher Urteils auf dem Gendarmenmarkt versammelt. Zwischen 6.500, so die Polizei, und 20.000 TeilnehmerInnen, so die VeranstalterInnen, waren dem Aufruf von 30 Organisationen, Parteien und Gewerkschaften gefolgt. Mit zahlreichen Transparenten, Spruchbändern und Sprechchören war der Zug zwei Stunden vorher am Roten Rathaus gestartet. Demonstration und Kundgebung verliefen friedlich.
Die Entscheidung der Verfassungsrichter trete die Würde der Frau mit Füßen. Darüber waren sich die Rednerinnen auf der Kundgebung einig. Ärztinnen, Vertreterinnen von Beratungsstellen und Frauenprojekten sowie vom Unabhängigen Frauenverband (UFV) äußerten ihre Empörung.
Nach Ansicht von Hanne Havemann von der Ostberliner Beratungsstelle „Balance“ haben vor allem die Ostdeutschen ein Urteil erwartet, daß von der Mehrheit der Bevölkerung getragen wird. Mit dem Abtreibungsparagraphen werde Gewalt gegen Frauen angewendet, sagte Ulrike Bagger vom UFV. Sie empfinde die Rechtspflicht zum Austragen einer Schwangerschaft als politische Vergewaltigung. „Dem befruchteten Ei sind höhere Persönlichkeitsrechte zugeschrieben worden als meinen 32 Jahren.“ Mit der „Abwicklung der DDR“ habe auch die „Abwicklung der Frauenrechte“ in Ost und West begonnen.
Die Sprecherin des Arbeitskreises autonomer Frauen, Faime Elia, vermutete hinter dem neuen Abtreibungsrecht die Angst vor der Abnahme der deutschstämmigen Bevölkerung. Es sei ein Ausdruck der bundesdeutschen Bevölkerungspolitik. Rechtsanwältin Anne Klein vom Bündnis 90/Grüne forderte zu einer Spende für die in Berlin initiierte Frauenkasse auf, mit der Schwangeren in Notlagen ein Abbruch in Würde finanziert werden soll. In zwei Wochen wurden schon 51.000 Mark gespendet. adn/epd/cor
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