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Deutsche Balkanpolitik unter Beschuß

■ Deutschland und Vatikan als Kriegsauslöser?Dumas und Gorbatschow kritisieren Anerkennung der jugoslawischen Republiken

Genf (taz) – Die Auseinandersetzung um die Anerkennung der ex-jugoslawischen Republiken Slowenien, Kroatien und Bosnien- Herzegowina durch die EG im Winter 1991 sowie die Rolle, die die Regierung Kohl/Genscher dabei spielte, nimmt zu. Am Wochenende schlossen sich Frankreichs ehemaliger Außenminister Dumas und der sowjetische Ex- Präsident Gorbatschow bei Auftritten in der Schweiz der Kritik an, die US-Außenminister Christopher am letzten Donnerstag geäußert hatte. Die Politiker vermieden allerdings Kritik am Verhalten ihres eigenen Landes.

„Die Verantwortlichkeiten Deutschlands und des Vatikans für die Beschleunigung der Krise im ehemaligen Jugoslawien“ seien „offenkundig enorm“, erklärte Dumas auf einer Europa-Tagung im schweizerischen Crans-Monatana. Die EG habe „Slowenien und Kroatien auf Grund interner Meinungsverschiedenheiten voreilig und überstürzt anerkannt, und damit die Chancen für eine globale und am Verhandlungstisch vereinbarte Regelung der Auflösung Jugoslawiens vertan“. Eine ensprechendes Vorgehen hatten die EG- Außenminister noch am 8.November 1991 in Rom ausdrücklich vereinbart. Dumas wollte sich nicht dazu äußern, warum dieser Beschluß nicht umgesetzt wurde, und warum er und Präsident Mitterand sowie die Regierungen der zehn anderen EG-Staaten ihre Bedenken gegen eine vorschnelle Anerkennung ohne Erfüllung bestimmter Voraussetzungen am 15.Dezember 1991 aufgaben und der Forderung der Regierung Kohl- Genscher nach umgehender Anerkennung nachkamen.

Nach Auskunft deutscher Diplomaten erreichte Bonn den Pariser Sinneswandel seinerzeit durch „übergroßes Verständnis“ für die bis heute anhaltende französische Blockade eines GATT-Agrarkompromisses mit den USA. Die US-Regierung hatte damals mehrfach öffentlich die Erwartung geäußert, Kohl werde Mitterand zur Aufgabe dieser Blockade bewegen. Dumas kritisierte „deutsche Ausflüchte“ und Einwände der Briten bei Beratungen im Rahmen der Westeuropäischen Union.

Die Bedenken Londons gegen die schnelle Anerkennung überwanden Kohl und Genscher im Herbst 1991, indem sie dem Wunsch der Regierung Major nach einer Ausnahmeregelung von den Sozialklauseln der Maastrichter Verträge zum Durchbruch verhalfen. Die Maastrichter Verträge wurden am 12. und 13. Dezember 1991 abschließend verhandelt – zwei Tage vor dem EG-Beschluß zur Anerkennung Sloweniens und Kroatiens. Die Zustimmung der vier ärmeren EG-Staaten Griechenland, Spanien, Portugal und Irland erreichte die Bonner Regierung durch Zusagen für erhöhte deutsche Zahlungen an den EG- Ausgleichsfonds. Entsprechende politische Gegengeschäfte gab es im Zusammenhang mit den Maastricht-Verhandlungen auch mit Italien und den Niederlanden. Andreas Zumach

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