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FDP will Schiller Theater mit Klage retten

■ FDP geht vors Verfassungsgericht / Mehrere hundert demonstrierten vor dem Roten Rathaus / CDU-Fraktionschef kippt um: „Leider nicht mehr zu retten“

Mit einer Klage vor dem Landesverfassungsgericht will die FDP das Schiller Theater retten. Das erklärte Carola von Braun gestern auf einer Solidaritätskundgebung vor dem Roten Rathaus. Der Schließungsbeschluß, der „ohne jede Parlamentsbeteiligung“ erfolgt sei, stelle eine Verletzung des Prinzips der Gewaltenteilung dar. Noch bis Ende der Woche erhofft sich die FDP-Vorsitzende eine gerichtliche Klärung.

Während viele hundert Demonstranten auf dem Platz vor dem Roten Rathaus ihre Protesttransparente entrollten, erklärte der CDU-Vorsitzende Klaus Landowsky dagegen der Presse, daß das Schiller Theater „leider nicht mehr zu retten ist“. Offenbar seien der Kultursenator und der Senat insgesamt nicht bereit, die Prioritäten im Kulturhaushalt anders zu setzen. Landowsky zeigte Zeichen der Enttäuschung über die „rein verbalen“ Solidaritätsbekundungen anderer Theater. Kein Haus habe beispielsweise angeboten, auf eine Inszenierung zu verzichten.

Das Einknicken des CDU- Fraktionsvorsitzenden hielt die Gegner des Senatsbeschlusses nicht davon ab, lautstark für den Erhalt des Schiller Theaters einzutreten. Der Noch-Intendant der Staatlichen Bühnen, Volkmar Clauß, forderte den Regierenden Bürgermeister auf, politische Stärke nicht durch das Festhalten am Schließungsbeschluß zu zeigen, sondern durch dessen Revidierung, und Kurt Lange, Vorsitzender der ÖTV, klagte mit Hinweis auf die Diätenerhöhungen endlich „gerechtes Sparen“ ein.

Während Dieter Klein (PDS) noch einmal unter Beifall August Everdings Formel „Wo die Kultur wegbricht, ist Platz für Gewalt“ zitierte, meldete sich die Leiterin des Hauses der Kulturen der Welt, Anke Wiegand-Kanzaki, mit kritischen Gedanken zu Wort: Die Kultur müsse sich gegen den „Anspruch der totalen Nützlichkeit wehren“.

Mit deutlichen Worten des Protestes gab die Schauspielerin Käthe Reichelt vom Deutschen Theater ihren Verdienstorden zurück. „Sie haben Sabine Sinjen und Ezard Haußmann auf die Straße geworfen“, rief sie mit Blick auf den Berliner Regierungssitz, „ich werfe meinen Orden hinterher“. Begleitet von einigen hundert Demonstranten, gingen die beiden Ensemblemitglieder Sinjen und Haußmann nach der Kundgebung zum Roten Rathaus, um ihre Ehrenabzeichen dem Senat zurückzugeben. „Dieses Ding ist keine Kaffeebohne wert“, hatte Sabine Sinjen zuvor erklärt.

Die Belegschaft des Schiller Theaters ist fest entschlossen, den Spielbetrieb bis zum 4. Juli aufrechtzuerhalten. Jürgen Schitthelm, Intendant der Schaubühne, will sich zumindest für ein Moratorium einsetzen, um Zeit für erneute Gespräche und eine parlamentarische Sondersitzung zu gewinnen. Gerettet werden könnte das Haus jetzt aber wohl nur noch auf gerichtlichem Wege. Neben der Verfassungsklage der FDP haben einige namhafte Ensemblemitglieder vor dem Bühnenschiedsgericht auf Einhaltung der Verträge geklagt. Diese Ansprüche können jedoch auch mit Abfindungen abgegolten werden. kl

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