: Drei Standorte für Großflughafen
■ Flughafen-Holding trifft Vorentscheidung / Schneller Bau wichtiger als Bürgerrechte / Tempelhof bleibt in Betrieb
Die Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF) hat sich entschieden: Als Standorte für den neuen Großflughafen kommen nun nur noch Schönefeld-Süd, Jüterbog-Ost und Sperenberg in Betracht. Auf einer Pressekonferenz sagte Holding-Geschäftsführer Manfred Hölzel gestern, daß sich das Unternehmen für einen der drei möglichen Standorte südlich von Berlin „definitiv“ bis Ende 1995 entscheiden werde. Bis dahin prüfe das Brandenburger Umweltministerium im Rahmen des beantragten Raumordnungsverfahrens ökologische Fragen, beurteile die landesplanerische Bedeutung der jeweiligen Konzepte und höre sowohl Fachbehörden wie auch die Öffentlichkeit an.
Wenn es dann zu keinen Gerichtsprozessen komme, könne mit dem Bau des Flughafens Ende 1998 begonnen und die ersten beiden von insgesamt vier Startbahnen im Jahr 2004 in Betrieb genommen werden, sagte Hölzel weiter. Die Kosten für den Bau werden auf 10 Milliarden Mark geschätzt, die erstmals in Deutschland nicht von der öffentlichen Hand, sondern von der privaten Wirtschaft getragen werden sollen. Im Jahr 2004 rechnet die Holding mit 23 Millionen Passagieren jährlich – dieses Jahr sollen die drei vorhandenen Berliner Flughäfen Schönefeld, Tempelhof und Tegel von etwas mehr als neun Millionen Passagieren genutzt werden.
Für die Standorte Sperenberg und Jüterbog-Ost spräche eine gute Verkehrsanbindung an das zukünftige Eisenbahnnetz. Sie seien vom geplanten Lehrter Zentralbahnhof mit dem Zug innerhalb einer halben Stunde erreichbar, schätzte Klaus-Peter Stuckert von der Berliner Verkehrsverwaltung. Schönefeld-Süd sei in das Standortverfahren schon deshalb aufgenommen worden, erläuterte der Aufsichtsratsvorsitzende der Holding und Brandenburgs Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP), weil die Verfahren für die Standortentscheidung auch eine „Erweiterungsvariante“ verlangten. Eine von den heute vorhandenen zwei Lande- und Startbahnen vom Flughafen Schönefeld würde weiterhin genutzt. Sollte Schönefeld-Süd gebaut werden, müßten etwa 1.000 Bewohner umgesiedelt werden, bei Sperenberg und Jüterbog-Ost wären jeweils 50 bis 60 Bewohner betroffen.
Dem Tempo der Bauarbeiten mißt Minister Hirche mehr Bedeutung zu als den Mitbestimmungsrechten der Bürger. Es müsse der Weg gewählt werden, der am schnellsten zum Ziel führe. Hirche verwies auf ein vom Bundestag beschlossenes „Maßnahmegesetz“, nachdem der Bundestag den zuständigen Landesministerien wesentliche Entscheidungen aus der Hand nehmen kann. Mitbestimmungsrechte der Bürger werden abgeschwächt oder wirkungslos. Gegen dieses Gesetz, das bereits für eine Eisenbahntrasse bei Stendal angewendet wird, läuft eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, deren Ausgang Hirche abwarten will.
Die Holding, die aus den Gesellschaftern Berlin, Brandenburg und dem Bund besteht, will den innerstädtischen Flughafen Tempelhof erst schließen, wenn der Großflughafen in Betrieb gegangen ist, sagte Aufsichtsratsmitglied Stuckert gegenüber der taz. Holding-Chef Hölzel begründete dies mit angeblichen Kapazitätsengpässen in Schönefeld. Dirk Wildt
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