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Roma in Dachau fürchten Räumung

■ Situation im Zeltlager zehrt an den Nerven / Demonstration am 3. Juli

München (taz) – Im Zeltlager der Roma auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau wächst die Angst vor einer polizeilichen Räumung. Nach über sechs Wochen Kirchenasyl sind rund 200 von Abschiebung bedrohte Roma – sie stammen überwiegend aus Makedonien – mit ihrer Forderung nach Bleiberecht in der Bundesrepublik nicht wesentlich weitergekommen. Trotz der öffentlichen Resonanz auf dem Evangelischen Kirchentag in München und einer Zusage von Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, ihre Fälle erneut zu prüfen, ist zur Zeit keine Lösung in Sicht.

Die Roma-Familien leben in Rotkreuzzelten, oder sie übernachten auf Matratzen in den Räumen der Kirche. Die nervliche Anspannung wächst bei allen Beteiligten, vor allem seit bekannt wurde, daß in Pforzheim/Baden-Württemberg ein Moslem-Roma aus Serbien in Abschiebehaft sitzt, nur weil er seinen „Duldungsbereich“ verlassen hat. Pfarrer Heinrich Bauer von der evangelischen Versöhnungskirche, der sich von Anfang an hinter die Roma und ihre Forderungen gestellt hatte, stellte wiederholt klar: Die Versöhnungskirche wird die Polizei nicht rufen. Das bayerische Innenministerium indessen geht davon aus, daß die Kirche „sich um eine Beendigung des Aufenthalts der Roma und Sinti bemüht“.

Prompt erklärte die evangelische Landeskirche, „sie habe ihre Möglichkeiten ausgeschöpft“ und könne den Roma keine Aufenthaltsmöglichkeit mehr einräumen.

Die Landeskirche hat laut ihrem Pressesprecher Dieter Breit die Roma inzwischen aufgefordert, Informationen über Einzelschicksale durchzugeben. Die Betroffenen sollen ihren Namen nennen und ihre Not schildern. Dann will sie die Roma auf bayerische Kirchengemeinden verteilen. Ohne Anhaltspunkte könne die Kirche jedoch nichts machen. „Wir können nur denen helfen, die sich helfen lassen“, sagte Breit. Einen Polizeieinsatz werde die Kirche aber für die Räumung des KZ-Geländes in Dachau nicht veranlassen.

Jasar Demirov, Präsident der Süddeutschen Roma-Union und Sprecher der Gruppe, hegt Zweifel am Sinn von Einzelfallprüfungen. Schließlich seien alle bereits mehrfach im Asylverfahren geprüft und abgelehnt worden. Um den Forderungen der Roma Nachdruck zu verleihen, haben die UnterstützerInnen vom „Münchener Bündnis gegen Rassismus“ für den 3. Juli bundesweit zu einer Demonstration in Dachau aufgerufen. Die Kirche befürchtet, die Schlußkundgebung auf dem Parkplatz der Gedenkstätte könne ausarten und damit den Vorwand für ein Eingreifen der Polizei liefern. Claudia Mende

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