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Galaktisch amöbenhafte Visionen

■ Überraschend nur noch heute zu sehen: „Einzelbilder“, eine deutsch-österreichische Kunstaustauschaktion in der K 3 mit dem zeituntypischen Schwerpunkt „Malerei“

Auf K3 geht heute eine Ausstellung zu Ende, die im Dialog zwischen Hamburg und Wien neun verwandte Positionen aktueller ungegenständlicher Malerei aufzeigt. Ohne das Image weltweiter Berühmtheit gehört eine Ausstellung reiner Malerei im täglichen Kampf um Beachtung zu den weniger spektakulären Ereignissen. Dabei bleibt intelligente Malerei gegenüber allen leicht verdaulichen Inszenierungen und unterhaltenden Medienkünsten ein nach wie vor zentraler Bereich bildnerischen Gestaltens.

Einzelbilder ist der Titel der Austausch-Ausstellung. Der erste Teil galt den Hamburgern Jaakov Blumas, Martin Conrad, Peter Heber, Ralf Jurszo und Ralf Rainer Odenwald, die jetzige Präsentation den vier österreichischen Künstlern Alexander Borek, Gunter Damisch, Nikolaus Moser und Richard Peter Schmid. Alle gemeinsam verweisen mit der Titelgebung auf den individuellen Dialog mit den Farben, der zur Bildwerdung ebenso nötig ist wie zur Betrachtung. Denn ein Bild, das nichts aus der Welt abbildet, wird selbst zum Teil der Realität und verlangt danach, eine Bedeutung zugewiesen zu bekommen.

Solche Sinngebung kann aber nur vor dem Original erfolgen. Keinem reproduzierenden Foto sind die Ölfarbmassen anzusehen, mit denen Gunter Damisch seine Bilder zu pastosen Farbkörpern aufbaut. Mit einem allfüllenden „horror vacui“ und in einer Materialität, die an die Wiener Malerei der letzten Jahrhundertwende erinnert, baut er seine galaktisch-amöbenhaften Visionen. Unter Bildtiteln wie Sternfeld-Mittelwelt beschwören Farben wie Geschwüre ein übergreifendes Weltganzes, wie es fast nur noch in dunklen Träumen gedacht werden kann.

Ganz diesseitig dagegen die gestisch-offenfarbigen Bilder von Nikolaus Moser. Auf die Leinwand kaschiertes Japanpapier gibt den ablaufenden Farbwolken eine zusätzliche Faltenstruktur. Diese Malerei steht in der Nähe plakativer Decollagen oder der Metamalerei eines Gerhard Richter.

Zwölf gleich große Bilder bilden die „Hamburgerserie“ von Richard Peter Schmid. Leicht überlagerte Pinselführung bestimmt die von Orange und Rot dominierten Farb-räume. Mitbemalte, acht Zentimeter tiefe Seitenkanten erzeugen einen Volumencharakter, der die Arbeiten zwischen Bild und Objekt changieren läßt, ein Nachklang der früheren, entschieden unregelmäßig geformten Farbraumkörper des Malers. Im eigentlichen Sinne abstrakt, nämlich von einem Abbild zu Farbformen vereinfachend, entstanden die Bilder von Alexander Borek. Seine stark zentrierten Bilder bewahren einen Rest diffuser Inhaltlichkeit, seine lasierenden Farbflächen formen dabei oft die Assoziation an tierhafte Wesenheiten.

Leider ist die kontemplative Ausstellung nicht wie angekündigt bis zum 15. Juli, sondern nur noch heute von 16 bis 20 Uhr in K3 auf Kampnagel zu sehen. Eine „Gegenausstellung“ mit allen Künstlern gemeinsam wird später in Wien stattfinden.

Hajo Schiff

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