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Bahnsurfen geht weiter

■ Sommerferien ist Surferzeit, und die Bahn sieht zu / Mit der Ferienkarte bis Hannover

Bahnsurfen geht weiter

Sommerferien ist Surferzeit, und die Bahn sieht zu/Mit der Ferienkarte bis Hannover

Als im Frühjahr diesen Jahres ein 14 Jahre alter Schüler aus Bremen-Nord beim City-Bahnsurfen ums Leben kam, war diese Freizeitbeschäftigung der Sprayer und Rapper plötzlich in aller Munde. In der Zwischenzeit haben einige ihren „Extrem Sport“ aufgegeben, denn sie hatten Angst davor, genauso zu enden wie der Lesumer Junge. Etliche hatten nach dem Unfall eine „ Pause eingelegt“, so ein Kenner der Szene, „doch jetzt in den großen Ferien, hängen viele wieder draußen“.

Nach wie vor gehören die Strecken Vegesack-Oslebshausen und Oslebshausen-Bremen-Hauptbahnhof zu den Surf-Routen. Die Ferienkinder haben für ihre Aktivitäten jetzt auch das Sommerferienticket der Bahn entdeckt. So können die Surfer für 30 Mark die Strecken nach Hamburg und Hannover unsicher machen.

„Es surfen Cliquen von 30 Leuten durch ganz Norddeutschland“ so ein Kenner. In Hamburg und Hannover treffen sie dann mit den örtlichen Surfern zusammen. Dort komme es dann zu regelrechten „Wettkämpfen“ unter den Cliquen.

Auch diesmal hält sich die Bundesbahn bedeckt: „Es gibt keine Hinweise auf ein vermehrtes Surfen in den Sommermonaten“, so der Bremer Bundesbahnsprecher Klaus Kopka. Auf die Frage, ob das Sommerticket nicht geradezu als Einladung anSurfer und Sprayer gewertet werden könne, heißt es: „Daran hat die Bahn noch gar nicht gedacht“. Für die Sicherheit aller Fahrgäste hätten die Schaffner zu sorgen. Ordnungswidrigkeiten wie das Herausklettern aus Fenstern oder Straftatbestände wie das Stoppen von Zügen durch Surfer würden sofort an die Bahnpolizei weitergegeben.

Das scheint so nicht zu stimmen: Ex-Surfer berichten, „mindestens zwanzigmal vom Schaffner erwischt worden zu sein“ und mit der lauen Drohung „beim nächsten Mal bekommt Ihr aber eine Anzeige“ davongekommen sind. Im Klartext: Es wird weitergesurft, und die Bahn schaut hilflos zu.

Laut Informationen der Bundesbahn werden zur Zeit drei oder vier Surfdelikte verfolgt. Allein in Bremen ist die Szene auf 50-60 Jugendliche angewachsen. Wenn in den Sommermonaten jetzt auch noch Hamburger und Hannoveraner dazukommen, surfen über 200 Leute durch Bremen. Ein Bremer Surfer: „Entweder das Problem wird nicht gesehen, oder die Institutionen haben bereits kapituliert.“ Nina

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