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Berlin jubelt über Platz zwei bei Olympia

■ IOC-Prüfbericht räumt dem australischen Sydney die besten Chancen ein / Berlin und Manchester gleichauf

Der Regierende Bürgermeister und Vorsitzende des Aufsichtsrates der Olympia GmbH, Eberhard Diepgen, meinte gestern, eine „glänzende Nachricht“ in Händen zu halten. Er hatte vom Report der Untersuchungskommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) erfahren, der nächste Woche der Öffentlichkeit präsentiert werden soll. Nach der Lektüre sieht Diepgen Berlin in der Spitzengruppe der Bewerber. Die Stadt habe echte Chancen auf den Zuschlag. Mit den gleichen Worten wie sein Chef freute sich auch der Geschäftsführer der Olympia GmbH Axel Nawrocki: „Berlin gehört zum Spitzenfeld der Olympiabewerber des Jahres 2000.“

Was die beiden obersten Olympioniken der Stadt allerdings tunlichst nicht erwähnten, war die genaue Position, die Berlin in diesem Spitzenfeld zugewiesen wird. Denn die Stadt hat zwar gute Zensuren erhalten, ginge es jedoch nach dem Befund der Untersuchungskommission, dann würde Sydney die Spiele im Jahr 2000 bekommen. In dem Prüfbericht erhält die australische Hafenstadt die Bestnote. Berlin wird von den IOC-Kommissären genauso günstig wie Manchester beurteilt, wird jedoch in seinem Finanzierungkonzept kritisiert. Weit größere Bedenken erheben sie gegen Peking und Istanbul. Brasilia ist hingegen abgeschlagen, dem südamerikanischen Bewerber fehlen die technischen Voraussetzungen.

In dem 66seitigen Report nimmt die IOC-Kommission selbst keine Bewertung vor. Die Gesamtqualität der Bewerbung ergibt sich aus der Gegenüberstellung der ermittelten Fakten zu 23 Themenbereichen einer sich daran anschließenden Einzelkommentierung der Pläne der sechs Städte. Der Bericht dient den 91 IOC-Mitgliedern als Entscheidungshilfe, wenn sie am 23. September in Monte Carlo den Zuschlag erteilen. Ihre Informationen über Berlin sammelte die Prüfungskommission bei einem Besuch im April.

Neben viel Lob über die Austragungsstätten finden in dem Bericht auch die „starken Sicherheitsmaßnahmen“ Erwähnung, die damals die Anti-Olympia-Aktivisten fernhalten sollte, sowie deren Demonstration „von angeblich 10.000 bis 15.000 Personen“. Sein Treffen mit der Grünen-Politikerin Judith Demba hat Kommissionschef Erricson ebenso erwähnt wie auch eine Umfrage vom Dezember 1992, wonach nur 53 Prozent der Bevölkerung für die Spiele sind. Die IOC-Prüfer sprechen diesem öffentlichen Widerstand allerdings „eine eher unwichtige Rolle“ zu und schreiben ihn einer „Minderheitengruppe“ zu.

Kritik handelt sich Berlin im Gegensatz zu den übrigen Bewerbern mit seinem Finanzierungskonzept ein. Die Stadt verspricht sich und damit dem IOC von den Spielen Einnahmen in Höhe von 2,1 Milliarden Dollar. Damit liegt sie doppelt so hoch wie die übrigen Städte, die zwischen 975 Millionen (Sydney) und 1,4 Milliarden Dollar (Manchester) veranschlagen und auch ihre Ausgaben entsprechend vorsichtiger kalkuliert haben. Allein 863 Millionen Dollar will die Olympia GmbH durch den Verkauf von Münzen einspielen.

Bislang hat dazu weder der Bundesfinanzminister noch die Bundesbank ein zustimmendes Votum gegeben, fraglich ist, ob über ein solches Programm eine derart hohe Summe eingespielt werden kann. Die IOC-Prüfkommission kommt folglich zu der generellen Beurteilung, daß der vorgelegte Finanzplan solide zu sein scheint, „obwohl die Kommission Bedenken und Vorbehalte wegen der zu erwartenden Einkünfte aus dem Münzprogramm zum Ausdruck brachte“.

„Die Abhängigkeit der Bewerbung von einer so hohen Einschätzung der Münz-Einnahmen“, so der Bericht, „ist ein Grund zu beträchtlicher Sorge.“ Bereits vor Wochen beschlich diese Skepsis die deutschen Olympia-Betreiber. Auf Anregung des Hauptsponsors der Bewerbung, des Daimler- Benz-Konzerns, sollte sich deshalb ein Unternehmenszusammenschluß finden, der für eben dieses Münzprogramm gegenüber dem IOC eine Art Ausfallbürgschaft gibt.

Einen geradezu blendenden Eindruck hat Sydney auf die IOC- Bewerter gemacht. Wie ein Gegenbild zu Berlin wirkt die Beschreibung der allgemeinen, oppositionslosen Zustimmung in Australien. Dort hätten sich bereits jetzt 400.000 freiwillige Helfer für die Spiele gemeldet. Die Kommission kommt zu dem Schluß: „Die Bewerbung bietet Bedingungen, die mehr bieten und über das hinausgehen, was das IOC verlangt. Das Konzept gibt den Athleten Vorrang.“

Angesichts dieser Ausgangslage forderte das Bündnis 90/Grüne gestern einen sofortigen „Geldstopp für das Konkursunternehmen Olympia“. Offensichtlich hätten die Bedenken der Berliner bei der Prüfungskommission einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Hingegen tröstete sich die SPD, daß man aus der zweiten Position im Windschatten immer noch an die Spitze kommen könne. dr

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