piwik no script img

Junge Mütter im Haus des Mondes

■ Casa Luna bietet jungen Schwangeren und Müttern mit Kind eine Unterkunft

Junge Mütter im Haus des Mondes

Casa Luna bietet jungen Schwangeren und Müttern mit Kind eine Unterkunft

„Es sah schlecht aus. Wahrscheinlich hätte ich auf Dauer bei Freunden übernachten müssen“. Die 21jährige Maria steckte vor einem halben Jahr in einer schlimmen Lage. Der Freund hatte sie mit ihrer kleinen Tochter sitzen lassen, zu den Eltern hatte sie seit Jahren keinen Kontakt. So übernachtete die Sozialhifeempfängerin mit ihrem Baby in der Notunterkunft. Dort gab eine Betreuerin der jungen Mutter den entscheidenden Tip, sich an das „Casa Luna“ zu wenden.

Seit Februar haben Maria und die neunmonatige Deborah in diesem „Haus für junge schwangere Frauen und Mütter“ in der Habenhauser Baumgärtnerstraße nun eine Bleibe gefunden. Aber keine Bleibe für immer. Denn die Einrichtung, die seit Anfang letzten Jahres besteht, soll nur eine Hilfe für den Übergang zurück ins „normale“ Alltagsleben sein.

„Wir bieten den Müttern eine Lebensbegleitung an, keine Lösung auf Dauer“, sagt die Pädagogin Sonja Heinrich zum Konzept des Hauses. Sie ist eine der drei Frauen, die sich im Casa Luna um das Wohl der obdachlosen, jungen Mütter mit Kindern kümmern. Zu ihrer Arbeit gehört neben rechtlicher Beratung auch die ambulante Betreuung junger Mütter in deren eigenen vier Wänden, sowie Angebote zur Schwangerschafts- und Rückengymnastik.

Am Anfang des Projektes stand die Idee zweier Sozialarbeiterinnen. Sie gründeten 1989 eine Beratungsstelle für junge Schwangere und Mütter. Die langen Wartelisten der beiden anderen Bremer Frauenhäuser „Theresienhaus“ und „Haus Bethanien“ aber zeigten bald, daß den Betroffenen nicht nur mit Worten zu helfen war. Mutter und Kind brauchen vor allem Wohnraum.

Inzwischen wird Casa Luna zu einem Teil als Modellprojekt vom Bund bezahlt, zum anderen mit einer BSHG-19-Stelle von der Stadt unterstützt. Wenn die Zuschüsse aus Bonn Ende nächsten Jahres versiegen, soll die Einrichtung über Pflegesätze finanziert werden. Doch das Geld ist knapp. Ein Gemeinschaftsauto, bei der schlechten Verkehrsanbindung in die Stadt fast eine Notwendikeit, muß warten. „Die Leute auf den Ämtern sagen uns immer: Ihr seid so wichtig, aber wir können euch nicht bezahlen“, so Gründungsmitglied Kerstin Weißhoff zur angespannten Finanzlage.

Wie so viele Sozialprojekte ist auch das Casa Luna auf die Mildtätigkeit von Spendern angewiesen. Heinrich: „Ohne Spenden liefe hier nicht viel.“ Maximal fünf Frauen mit Kindern bietet das Haus eine Unterkunft. Acht junge Mütter mit Kind nahmen die Hilfe bislang in Anspruch. Eine Hilfe zur Selbsthilfe. Selbständigkeit wird groß geschrieben. Einmal die Woche trifft sich die Wohngemeinschaft zum gemeinsamen Gespräch. Dann wird der Wochenplan gemacht, denn feste Regeln gibt es nicht. „Hin und wieder muß man eine klare Grenze ziehen“, sagt Heinrich über ihre Arbeit.

Die Grenze zwischen Betreuung und Therapie zu finden, das ist selten einfach. Die drei Betreuerinnen wollen Ansprechspartnerinnen sein, nicht Obermütter. Das größte Problem der jungen Mütter ist auf dem angespannten Markt eine Wohnung zu finden. Oft erschweren Vorurteile die Wohnungssuche zusätzlich. Maria: „Die meisten gucken abfällig, wenn ich ihnen meine Geschichte erzähle, weil ich nicht in ihr Bild der 'happy family' passe.“ Bereut sie es, nicht abgetrieben zu haben ? „Nein, ich wollte das Kind unbedingt.“

Sind die Frauen dann ausgezogen, zieht es sie oft zurück ins Casa Luna, zum Kaffeeplausch. Jeden Mittwochnachmittag lädt das Haus Frauen mit und ohne Kind zum „Offenen Treff“, bei dem man Erfahrungen austauschen und sich kennenlernen kann. Der Name kommt übrigens nicht von ungefähr: „Luna“ heißt Mond, und der ist seit alters her Sinnbild der Weiblichkeit. Gisa Funck

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen