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Pakistans Armee: Sieger und Verlierer

Nach dem vom Militär erzwungenen Rücktritt von Premier Sharif und seinem Widersacher, Präsident Khan, soll eine „nichtparteiliche“ Übergangsregierung faire Wahlen vorbereiten  ■ Von Bernard Imhasly

Neu Delhi (taz) – Eine „neutrale“ Übergangsregierung soll die Demokratie in Pakistan retten: Nach wochenlangem Machtkampf hatten sich Premiers Nawaz Sharif und sein Erzrivale, Staatspräsidenten Ghulam Ishaq Khan, am vergangenen Wochenende zum Rücktritt überreden lassen. Neuer Ministerpräsident wurde am Montag Moheen Qureshi, der zur Vereidigung aus Singapur eingeflogen wurde.

Qureshi hat den größten Teil seiner Karriere in der Weltbank verbracht, wo er bis zu seiner kürzlichen Pensionierung für Planung und Politik zuständig war. Kurz darauf vereidigte der Senatsvorsitzende, der bis zur Neuwahl des Präsidenten durch das neugewählte Parlament dessen Funktionen ausübt, die Gouverneure der Provinzen. Diese ihrerseits gingen daran, die Chefminister einzusetzen. Bei den meisten handelt es sich um ehemalige Offiziere, Beamte oder Richter, welche keiner politischen Partei angehören. Sie sollen sicherstellen, daß die Wahlen im Oktober ohne politische Einflußnahme vorbereitet und durchgeführt werden.

Eine neutrale Übergangsregierung war eine der Hauptforderungen der Opposition unter Benazir Bhutto gewesen. Die Rücktritte von Präsident und Premierminister können daher als Sieg ihrer „Pakistan People's Party“ angesehen werden. Sie vergrößern in ihren Augen die Wahlchancen der PPP, nachdem sie 1990 wegen angeblicher offizieller Wahlfälschungen um ihren Sieg geprellt worden war.

Kommentatoren halten sich mit Wahlprognosen allerdings noch zurück. Trotz ihrer Volkstümlichkeit hat Frau Bhuttos eigenmächtiger Führungsstil die Zahl ihrer Feinde in ihrer und bei befreundeten Oppositionsparteien in den letzten Jahren anschwellen lassen. Auch wird sich zeigen müssen, ob das Volk die glanzlose Regierungszeit Benazirs bereits vergessen hat und bereit ist, ihr eine neue Chance zu geben.

Dagegen wird der abgetretene Premier Sharif nun versuchen, die Erfolge seiner Regierungszeit zur Basis eines neuen Wahlsiegs zu machen. Seine Rücktrittsrede am Sonntag war zwar geprägt von der bitteren Erfahrung der letzten Monate: schließlich hatte er sich nach seiner Absetzung durch den Präsidenten erfolgreich ins Amt zurückgekämpft, nur um kurz darauf noch einmal zum Rücktritt gezwungen zu werden. Gleichzeitig war es auch schon eine halbe Wahlkampfrede. Sharif zählte die Leistungen seiner Amtszeit auf und griff, ohne ihren Namen zu nennen, seine Rivalin Bhutto an: Da sie ihn selber nicht schwächen konnte, habe sie nun beschlossen, das Land zu schwächen.

Der eindeutige Gewinner der jüngsten Krise in Pakistan ist zweifellos die Armee und ihr Oberkommandierender, General Abdul Waheed. Paradoxerweise war es seine Berufung gewesen, welche im Januar den Konflikt zwischen Ishaq Khan und Nawaz Sharif zum Ausbruch gebracht hatte: der Präsident hatte den Vorschlag des Premierministers mißachtet und den Zuschlag dem tieferrangigen Waheed gegeben, der als Pathane zudem noch ein Stammesgenosse Khans ist.

Das war für Sharif der Anlaß, seine Kampagne gegen die „undemokratischen Verfassungsvorrechte“ des Präsidenten zu entfesseln. Im dann folgenden Schauspiel verhielt sich die Armee jedoch strikt neutral, und General Waheed gelang es, sich als ehrlicher Makler zu profilieren, der zwar mit dem Schwert winkte, dies aber um der demokratischen Verfassung willen tat.

Es gibt allerdings Beobachter, die in der Armee noch immer den Wolf im Schafspelz sehen. Der demokratische Litmus-Test werde kommen, falls die Armee aufgefordert sein sollte, eine PPP-Regierung unter Benazir Bhutto zu akzeptieren – drei Jahre, nachdem sie mitgeholfen hatte, sie abzusetzen. Aber auch bei einem Sieg von Sharif wird die Armee ihre Rolle neu definieren müssen. Denn mit dem Abtreten des Präsidenten – Symbol der indirekten Staatskontrolle durch Bürokratie und Armee – beginnt nun zweifellos auch eine neue Phase pakistanischer Politik. Die erfolgreiche Schiedsrichterrolle der Armee kann nicht verbergen, daß die eben durchgestandene Krise auch einen weiteren Schritt der Offiziere in Richtung Kasernen darstellt.

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