Kuba ist gespalten in Dollar- und Peso-Welt

■ Politische Führung räumt soziale und politische Folgen der Devisenfreiheit ein

Berlin/Havanna (taz/dpa) – Kubas Staatschef Fidel Castro stand dabei, als der Chefideologe der Kommunistischen Partei von den „sozialen, politischen und ideologischen Folgen der jetzt erforderlichen Schritte“ sprach. Gemeint ist die vor kurzem angekündigte Gesetzesänderung, die Kubanern den Besitz von Devisen erlaubt. Auch Joint-ventures mit westlichen Banken sollen bald nicht mehr tabu sein. Jose Ramon Balaguer wurde zwar nicht konkreter, welche Folgen er vorhersieht – aber kubanische Funktionäre haben inoffiziell bereits eingeräumt, daß die Ungleichheit im Lande wächst.

Bisher wurde nur einem kleinen Kreis von Kubanern unterderhand der Besitz von US-Dollars zugestanden, unter anderem Angestellten ausländischer Botschaften und Firmen. Jetzt sollen offiziell auch Taxifahrer und Kellner Trinkgelder in US-Währung annehmen dürfen. Möglicherweise sind bald auch Devisenüberweisungen von Exilkubanern an ihre Familien nicht mehr ausgeschlossen, und es wird sogar über die Öffnung Kubas für Emigranten spekuliert.

Dollars bedeuten in Kuba sehr viel: In den bisher Touristen und einigen Ausnahmekubanern vorbehaltenen „Tiendas Intur“ und „Diploiendas“ gibt es nicht nur internationale Luxusgüter vom französischen Parfüm bis zu deutschen Keksen. Auch kubanische Produkte des täglichen Bedarfs gibt es hier zu kaufen – während beispielsweise Zahnbürsten und Haarschampoo in den normalen Läden oft über Monate nicht zu haben sind. Viele Waren aus den Devisenläden landeten bisher auf dem Schwarzmarkt, wo sie verteuert gegen illegal kursierende Dollars oder kubanische Pesos weiterverkauft werden. Auf dem Schwarzmarkt müssen die Kubaner rund 60 Pesos für einen Dollar bezahlen; offiziell beträgt der Umtauschkurs noch immer eins zu eins.

Auch in Restaurants und bei vielen Kulturveranstaltungen haben Dollar-Kunden den Vortritt, selbst wenn die Kubaner schon länger angestanden haben. Wie die Zeitschrift der Informationsstelle Lateinamerika ila außerdem berichtet, nehmen als Folge der Spaltung in Dollar- und Peso-Welt Diebstähle zu. Auch die organisierte Prostitution, die vor der Revolution in Kuba weitverbreitet war, gehört inzwischen in den Touristenzentren wieder zum Alltag. aje