: Kulturkonzern FNAC verkauft
■ Investmentfirmen legen sich linken Kultkonzern zu
Paris (dpa) – Ein linker Mythos verblaßt und macht Platz für eine kapitalistische Erfolgsstory. 39 Jahre nach seiner Gründung durch zwei gegen die „Macht der Multis“ angetretene Trotzkisten wechselt der Pariser „Marktführer für Kulturgüter“ FNAC den Besitzer. Käufer sind ausgerechnet die Finanztöchter zweier Konzerne, die als „Scharniere des französischen Kapitalismus“ beschrieben werden: die Altus Finance der Bankgruppe Credit Lyonnais und die Immobiliere Phenix des Mischkonzerns CGE. Phenix hatte in Deutschland mit dem Kauf der Berliner Filmstudios Babelsberg Aufsehen erregt.
Schon in den 80er Jahren hatte sich die FNAC von ihren Ursprung als Federation National d‘Achats des Cadres (Einkaufsgenossenschaft der Angestellten) entfernt. Heute ist der Preisbrecher in Frankreich Marktführer für Hifi und Foto/Video, Bücher (13 Prozent Anteil) und Tonträger (20 Prozent). Dazu verkauft FNAC Konzertkarten und organisiert Ausstellungen, vermittelt Reisen, bietet PCs an und macht – etwa wie die Stiftung Warentest – Verbraucherberatung auf der Grundlage von Tests in eigenen Labors.
Altus und Phenix machen mit der Übernahme von 53 Prozent des FNAC-Kapitals ein gutes Geschäft: FNAC erwartet im laufenden Geschäftsjahr zehn Milliarden Franc (2,95 Mrd DM) Umsatz und (– nach hohen Investitionen und Umsatzrenditen von zuletzt zwei Prozent – eine Gewinnexplosion. Die Käufer müssen nur 1,9 Milliarden Franc investieren, obwohl der Firmenwert auf mehr als das Doppelte geschätzt wird.
Dabei gab es zahlungskräftige Mitbieter wie etwa Bertelsmann. Doch Altus und Phenix boten dem letzten FNAC-Eigner – der aus dem Genossenschaftsbereich kommenden Versicherungsgruppe GMF – etwas, wovor die anderen zurückschreckten: Sie nehmen der GMF, die 1992 einen Verlust von 1,5 Milliarden Franc auswies, ihr belastendes Hotelgeschäft im französisch-niederländischen Steuerparadies Saint-Martin in der Karibik ab.
Für die FNAC geht es bei dem Monopoly auch um ihren geschäftsfördernden Ruf. „FNAC besitzt ein fabelhaftes und fast mysthisches Image bei den Verbrauchern“, erklärte ein Marktkenner. Bislang aber nur in Frankreich. Die Filiale in Brüssel kommt erst nach Jahren aus den roten Zahlen, und die 1992 eröffnete Filiale in Berlin stellte nach Anlaufproblemen ihr Konzept grundlegend um.
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