Der Mieterverein rät: Bescheidene Mietrechtsreform
■ Vor- und Nachteile des 4. Mietrechtsänderungsgesetzes für Mieter
Nach jahrelangem Tauziehen und heftigen Interventionen der Vermieterverbände und der Kreditinstitute wurde nun doch von Bundestag und Bundesrat das 4. Mietrechtsänderungsgesetz verabschiedet, das zum 1. September 1993 in Kraft tritt. Eine entscheidende Hilfe gegen die Last der Wohnungsnot wurde aber nicht erzielt. An Mietpreisbegrenzungen beim Neuabschluß von Mietverträgen traute sich die Regierungskoalition ebenso wenig heran wie an die deutliche Dämpfung der ortsüblichen Vergleichsmiete oder die Beschränkung von Modernisierungsumlagen.
Die wichtigsten Änderungen:
– Auf fünf Jahre befristet dürfen bei frei finanzierten Wohnungen (in Berlin bis 31.12.94 nur bei Neubauwohnungen) die Mieten innerhalb von drei Jahren nur noch um 20 Prozent (vorher 30%) steigen, insoweit die ortsübliche Vergleichsmiete nicht überschritten ist. Voraussetzung ist, daß die Wohnung vor dem 1.1.81 bezugsfertig wurde und der Mietzins ohne Betriebskosten und Vorauszahlungen für Heizung und Warmwasser nicht unter 8 DM pro qm monatlich liegt. Beträgt die Miete weniger, bleibt es bei 30 Prozent, jedoch soll insgesamt 9,60 DM pro qm netto kalt nicht überschritten werden.
– Die ortsübliche Vergleichsmiete, neben der prozentualen Begrenzung die zweite Kappung für Mieterhöhungen, soll aus den Mietänderungen und Mietneuabschlüssen der letzten vier (vorher drei) Jahre gebildet werden.
– Mieterhöhungen nach Modernisierungen entfalten zukünftig immer erst zum ersten des übernächsten Monats Wirkung.
– Durch eine Änderung des Wirtschaftsstrafgesetzes sind Mietpreiserhöhungen aufgrund nachgewiesener wohnungswirtschaftlicher Notwendigkeiten über 20 Prozent und bis zu 50 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete nur noch bei bisher bereits geforderten Miethöhen (Bestandsschutz) und Wohnungen, die nach dem 1.1.91 bezugsfertig wurden, möglich.
– Für fehlbelegungsabgabepflichtige Sozialmieter, deren Wohnungen aus den Bindungen herausfallen, gibt es eine Verschlechterung. Nach Ablauf der Bindung kann die Miete bis zu dem Betrag, der zuzüglich der Fehlbelegungsabgabe bisher gezahlt wurde, ohne Berücksichtigung der 20 Prozent- oder 30 Prozent-Kappungsgrenze steigen. Erst für darüberliegende Mietforderungen wirken die Kappungsgrenzen.
– Umlagen für Müllkosten, Wasser und Abwasser können zukünftig ganz oder teilweise nach Verursacherprinzip, also nach Verbrauch erhoben werden.
– Bauliche Maßnahmen zur Wassereinsparung gelten als Wertverbesserung und sind damit umlagefähig. Vom Mieter müssen sie geduldet werden.
– Zukünftig können Mietverträge abgeschlossen werden, die eine Mieterhöhungsregelung mit Index-Steigerung (Lebenshaltungskosten) beinhaltet. Der Vertrag ist auf zehn Jahre abzuschließen, die ordentliche Kündigung des Vermieters ist ausgeschlossen. Aber Vorsicht: Möglicherweise wären für die entsprechende Wohnung bei solchem Angebot Mieterhöhungen aufgrund des normalen Mietrechts und mit normalen Vertrag ausgeschlossen.
– Die Maklerprovision für die erfolgreiche Vermittlung einer Wohnung beträgt zukünftig zwei Monatsmieten ohne Vorauszahlung für Heizung und Warmwasser zuzüglich Mehrwertsteuer. In Berlin waren es bisher nur zehn Prozent der Jahreskaltmiete.
– Abstandszahlungen eines Wohnungssuchenden dafür, daß der bisherige Mieter die gewünschte Wohnung räumt, auch Schmiergelder genannt, sind nunmehr auch nach dem Wohnungsvermittlungsgesetz unzulässig.
– Auch Abstandsforderungen für Einrichtungen oder Inventar im Zusammenhang mit der Wohnungsanmietung sind insoweit unwirksam, wie das geforderte Entgelt in einem auffälligen Mißverhältnis zum Wert der Einrichtung oder des Inventars steht.
– Eine Teilkündigung von Nebenräumen (zum Beispiel Dachboden, Keller) ist auch für Wohnungsvergrößerungen oder Zusammenlegungen möglich.
– Zeitmietverträge können zukünftig auch dann abgeschlossen werden, wenn der Vermieter die Räume nach Ablauf der Mietdauer als Dienstwohnung verwenden will.
– Verzögert sich beim Zeitmietvertrag eine vom Vermieter beabsichtigte Verwendung der Wohnung oder teilt er dem Mieter nicht rechtzeitig seine Verwendungsabsicht mit, kann der Mieter die Verlängerung des Mietverhältnisses verlangen.
– Bei Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen besteht nun bei allen Wohnungsarten ein Vorkaufsrecht für den Mieter, das jedoch nicht wirkt, wenn die Wohnung an eine zum Hausstand des Vermieters gehörende Person verkauft wird. Reiner Wild,
Berliner Mieterverein e.V.
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