: „Quincy, Quiiinncy!“
Berlin (taz) – Vielleicht hätte Quincy Watts in seinem Werbespot doch lieber die Walküre statt der Schuhe wählen sollen. Denn just die hochgepriesenen Treter waren es, die ihn im WM-Finale über 400 Meter im Stich ließen. Ein Sohlenbruch hemmte seinen Lauf, der Olympiasieger wurde nur Vierter.
Ob es Quincy Watts allerdings selbst mit intaktem Schuhwerk gelungen wäre, den Mann vom Konkurrenzschuster zu besiegen, scheint mehr als fraglich. Aufrecht, als hätte er einen Laternenpfahl verschluckt, wirbelte Michael Johnson über die Bahn und holte sich den Titel in der drittschnellsten jemals gemessenen Zeit: 43,65 Sekunden. Zweiter wurde Harry „Butch“ Reynolds, der Mann, wegem dem der Internationale Leichtathletik-Verband (IAAF) von London nach Monte Carlo umziehen muß, um einer Schadensersatzforderung in Höhe von 27,3 Millionen Dollar zu entkommen. Dazu war die IAAF von einem amerikanischen Gericht verdonnert worden, weil sie Reynolds wegen Dopings gesperrt hatte. Nach englischem Recht kann der Verband nicht als juristische Person gegen dieses Urteil angehen, Präsident Primo Nebiolo müßte schon selbst klagen – und im Falle einer Niederlage auch zahlen. Da zieht der clevere Italiener doch lieber um. Weltrekordler Reynolds nahm die WM-Niederlage gelassen und hofft auf noch bessere Zeiten: „Auch Muhammad Ali, der größte Sportler aller Zeiten, hat den ersten Kampf nach seiner Pause gegen Joe Frazier verloren. Danach schlug er ihn und wurde zum zweiten Mal Weltmeister.“
Michael Johnson indes gedenkt nicht, den „Smokin' Joe“, für Reynolds zu spielen. Er hat sein Debakel von Barcelona, als er im Halbfinale des 200-Meter-Laufes ausschied, verwunden und an den 400 Metern einen großen Gefallen gefunden, den er vor allem intellektuell begründet: „Man muß mehr dabei denken und deshalb macht es größeren Spaß.“ Besonders, wenn man die richtigen Schuhe trägt. Den Inhalt seines nächsten Werbespots kann man sich jedenfalls leicht ausmalen. Michael Johnson, Arm in Arm mit der Walküre, die Laufschuhe triumphierend in die Luft gestreckt: „Quincy, Quiiinncy!“Matti
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen