: Das Saxophon als Wundertüte
■ Ein Drei-Tage-Festival für Michael Moore
Die Jazzredaktion von Radio Bremen versucht in Rekordzeit eine Tradition zu etablieren: Nach dem Wishbone-Festival am Anfang dieses Jahres veranstaltet sie jetzt schon das zweite Festival in der Schauburg, in dessen Mittelpunkt eine Musikerpersönlichkeit steht. Doch während Ray Anderson ein Star unter den Jazzmusikern ist, kennen nur wenige Eingeweihte den Star dieses Festivals: den Klarinettisten, Saxophonisten und Komponisten Michael Moore.
Der in Amsterdam lebende Amerikaner gilt zur Zeit noch als „musicians musician“, also einer,
Michael Moore & Fan
den die Kollegen mehr hören und schätzen als das breitere Publikum. Seine Vielseitigkeit und sein Sinn für musikalische Abenteuer machen ihn andererseits zum idealen Regisseur für solch ein Festival. An drei Abenden wird Moore in acht verschiedenen Formationen auftreten, und die Palette der gespielten Musik wird vom amerkanischen Jazz über brasilianische Polka und die Musik des Balkan bis zu improvisieren Zirkusweisen und komödiantischer Kammermusik reichen.
„Ich kann nicht wirklich entscheiden, was ich eigentlich machen will. (...) Und ich denke das ist eine der wirklichen Konsonanten in meinem Leben: dieser Eklektizismus.“ So branchte es Moore sel
Verbraucherfreundlich und unheimlich „sweet"
ber auf den Punkt. „Ich schreibe eine Menge sweet music. Meine Musik springt dem Hörer nicht ins Gesicht. Sie ist verbraucherfreundlich, nicht radikal und nicht chic.“ erklärte er im gleichen Gespräch mit Markus Müller.
Heute abend ab 20 Uhr beginnt Moore seine Reise um die Musik in acht Gruppen im „Choro Combinado“ mit zwei brasilianischen Polkaspielern an Gitarre und Percussion. Danach spielt Moore moderenen Jazz mit seinem amerikanischen Quintett, das mit Mark Helias (b) und Gerry Hemingway (dr.) von einer hochkarätigen, verwegen spielenden Rhythmusgruppe vorangetrieben wird.
Am Dienstag um 20 Uhr in der Schauburg wird Moore zuerst im „Trio Clusone“ mit dem Cellisten Ernst Reijseger und dem avandgardistischen Drummer Han Bennink Kammermusik mit komischen Zwischentönen spielen. Bennink kann gleich auf der Bühne sitzenbleiben, den er gehört auch zum folgenden ICP Orchestra, einer siebenköpfigen Big — Band, die eher in der europäischen Jazztradition spielt.
Am Mittwoch ab 20 Uhr tritt Moore gleich in vier Formationen auf: zuerst in „A Duo“ mit dem Pianisten und Akkordenspieler Alexei Levin, dann in einem Horntrio mit Tobias Delius (sax), Wolter Wierbos (Posaune) und dem irreführenden Namen „A Cappella“ und in „The Voice is the Matter“, einem Quartett mit der bulgarischen Obertonsängerin Jodi Gilbert.
Den krönenden Abschluß bildet dann der Auftritt der improvisierenden Jahrmarktskapelle „Available Jelly“. Diese Band ist für Moore „ein Pool von sehr guten Musikern mit bestimmten Fähigkeiten, die daran interessiert sind, nicht nur meine Musik zu spielen, sondern auch ihre eigene. ( Sie) wird unvermeidbar immer eklektischer und überraschender sein als das Quintett.“
Überraschungen gibt es sicher zuhauf auf diesem Wundertütenfestival. Man/frau darf gespannt sein, ob Moore hält, was das „more“ verspricht. Willy Taub
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