■ Kommentar: Verpaßte Chance
War doch prima der Wahlkampf! Alle Vorurteile bestätigt, kein Grund zum Umdenken, da freut sich der Berichterstatter frequenz- und gazettenübergreifend: Kein Umdenken nötig, keine einzige Schublade klemmt.
Die SPD scharrt sich um ihren „Vollbluttraber“, vergißt alle vorherigen Bedenken, es könne sich vielleicht doch nur um einen ollen Holsteiner handeln. Die CDU bemüht sich erst gar nicht, ihr in 36 Jahren bewährtes Verliererimage abzustreifen, schickt ein Pferdchen ins Rennen, das mehr in Richtung der alten Bonner Futterkrippe schielt. An der Fünfprozenthürde quält sich wie gewohnt die FDP, trotz neuem Zugpferd. Und die GAL freut sich, daß es ihr trotz Herzeleid gelungen ist, die Freidemokraten endgültig im Rennen um Platz eins der Steigbügelhalter abgelöst zu haben.
Wundert es da, daß das Publikum die Arena gelangweilt verläßt oder darüber nachdenkt, vielleicht doch einmal auf einen Außenseiter zu setzen? Ein bißchen Vabanque spielt? Wer sich am Montag wundern sollte, daß es diesmal beim Wahlrennen keinen Sieger gegeben hat, keine Prämien ausbezahlt werden, der sollte einmal zwei Jahre zurückdenken. Schon damals hatte sich ein Drittel des Publikums abgewandt. Die Chancen, es zurückzugewinnen, sind verpaßt worden.
Walter Kurz
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