: Aussiedler schreiben ihr Leben
■ „Ost-West-Projekt“ der Volkshochschule / Zuwanderer begegnen BremerInnen
„Aber dann haben die Russenkinder gelacht auf ihr daß ihr tun lernen deutsch, und haben dann gesagt: Fritz und Faschist und alles sowas dann. Das ist nicht Lüge, das ist so wie's war.“
Drei Semster lang hat eine Gruppe von älteren AussiedlerInnen in einem Alphabetisierungskurs der Bremer Volkshochschule nicht nur Deutsch gelernt. Viele der TeilnehmerInnen haben auch zum ersten Mal zu Papier gebracht, was in ihrem aufgewühlten Leben passiert ist. „Das war ein richtiges Erfolgserlebnis, weil sie noch nie etwas über ihr Leben geschrieben hatten“, sagt Anja Kleinschmidt, Leiterin des Volkshochschulprojekts „Ost-West-Integration“. Die gesammelten Lebensgeschichten sind jetzt in einer Broschüre erschienen, die wir auf dieser Seite in Auszügen dokumentieren.
Die 15 TeilnehmerInnen kamen aus Kasachstan, Kirgisien, Usbekistan, dem Ural und Sibirien. In ihrer Kindheit oder Jugend waren sie in den kalten Osten zwangsumgesiedelt worden. Viele AussiedlerInnen hatten zuvor keine Gelegenheit, Lesen und Schreiben zu lernen, weil sie kaum länger als zwei Jahre zur Schule gehen durften.
Das Bremer Volkshochschul-Projekt will einheimische BremerInnen und AussiedlerInnen aus Osteuropa die Möglichkeit geben, sich zu begegnen. Von Gesprächskreisen für SeniorInnen bzw. für Frauen über Wochendseminare bis zu gemeinsamen Exkursionen reicht das Weiterbildungsangebot. Gesprächsthemen sind dabei z.B. Älterwerden in einer Großstadt, Formen des Alleinlebens im Alter, Muttersein, Arbeitslosigkeit oder Partnerschaft.
„Einheimsche Bremer kommen zu den Veranstaltungen, weil sie selbst eine Fluchtgeschichte hinter sich haben oder die Chance nutzen, Menschen aus Osteuropa kennenzulernen.“, weiß Kleinschmidt aus Erfahrung zu berichten. als
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