piwik no script img

Laurien: Radeln nur im Urlaub

■ 40jähriges Jubiläum der Schülerlotsen: Hanna-Renate Laurien ist dagegen, daß Erwachsene die schadstoffgefährdeten Kids ablösen

Die Verkehrswacht feierte gestern in einem Zirkus in Köpenick das 40jährige Bestehen der Schülerlotsen. In Berlin sind 2.300 Kinder mit einem Mindestalter von 13 Jahren in diesem Dienst tätig. Parlamentspräsidentin Hanna-Renate Laurien, Ehrengast bei der Feier, zu der Frage, ob Schülerlotsen heute noch Sinn machen.

taz: Frau Laurien, waren Sie selbst mal Schülerlotsin?

Hanna-Renate Laurien: Nein, denn ich bin in der Kriegszeit zur Schule gegangen.

Damals gab es ja auch noch Pferdekutschen auf den Straßen.

Ja, das war eine völlig andere Welt. Ich bin in Spremberg bei Cottbus zur Schule gegangen, dort gab es viel Kopfsteinpflaster. Wir hatten allerdings schon ein Auto, und zwar einen Opel P4. In dem durfte ich Vater begleiten.

Machen Schülerlotsen angesichts des starken Verkehrs heutzutage überhaupt noch Sinn?

Auf jeden Fall, und zwar aus drei Gründen: Die Schülerlotsen lernen sehr gut, die Verkehrsregeln zu beachten. Die Schüler helfen sich gegenseitig und lernen damit Hilfe zur Selbsthilfe. Ein Schülerlotse fällt durch seine Kleidung auf und mahnt die Verkehrsteilnehmer, auf Kinder Rücksicht zu nehmen.

Die Ärtzekammer fordert, die Schülerlotsen durch Erwachsene zu ersetzen, weil die Kinder aufgrund ihrer Größe näher an den Auspuffrohren sind und die bodennahen Schadstoffe wesentlich konzentrierter einatmen.

Ich bin bei solchen Forderungen immer sehr vorsichtig. Bis Sie die Erwachsenen finden, die so etwas ehrenamtlich machen, können Sie lange suchen. Zu der Hysterie mit den Schadstoffen kann ich nur sagen: Wir werden alle immer älter und behaupten, wir seien alle immer mehr vergiftet.

Kennen Sie als Freundin des Automobils überhaupt die öffentlichen Verkehrsmittel von innen?

Sehr wenig. Für mich ist die Zeit im Auto auch Arbeitszeit, weil ich dort meine Akten studiere. Im Urlaub bin ich aber auch eine leidenschaftliche Radfahrerin, aber nicht in einer Großstadt.

Auf dem Bundestreffen der Kinderparlamente haben die Kinder am meisten über den Straßenverkehr geklagt. Warum sind Sie als Politikerin nicht Vorbild und verzichten wie der Grünen-Abgeordnete Bernd Köppl im Dienst auf das Auto?

Im Gegensatz zu Köppl sind meine Dienstfahrten für mich keine Vergnügungsfahrten. Wenn ich die Stunden abstreiche, die ich nicht arbeite, sondern radele, ersetzte ich Pflichterfüllung durch Vergnügen. Interview: Plutonia Plarre

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen