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Jubelberliner gingen baden

■ Olympiaunterstützer in Monte Carlo eingetroffen Verbrüderung der Olympiabewerber am Strand

Bisher fehlten jene, die der Berliner Bewerbung den rechten Nachdruck verleihen sollten: die gelbe Flut der Jubelberliner. Am gestrigen Nachmittag sollte es soweit sein: Die Olympiafans wurden vor dem Sporting Club d'eté am östlichen Zipfel von Monaco erwartet. Denn auf dem Gelände, auf dem seit Dienstag das Internationale Olympische Komitee (IOC) tagt und in dessen Sternensaal IOC-Präsident Samaranch heute abend die Siegerstadt verkündet, war bis dato nur der Berliner Bär los. Der tanzte im gelben Plüsch umher, bald mit einer Hosteß, bald mit dem Leierkastenmann, der ihm die Melodie gab und mit seiner Schiebermütze wohl die Berliner Rotznase aus den Zwanzigern mimen sollte.

Dann marschierten sie doch noch ein, wie in einem Spielmannszug so blau die adretten Zweireiher, samt Bärchenfahne und Anstecker am Revers. Zweihundert Mitglieder des Förderkreises Olympia waren eigens nach Monaco geflogen, um die Herren der Ringe durch ihre schiere Präsenz zu beeindrucken. Ob Berlin gute Chancen habe? „Wir haben starke Konkurrenten“, antwortete eine Mittvierzigerin in bestem Politikerdeutsch, „sind aber recht guter Hoffnung.“

Nur mit dem Timing wollte es nicht so recht klappen. Just in dem Moment, da man die Empfangshalle betrat, entglitt aus selbiger die graue Eminenz der olympischen Familie, um im bereitgehaltenen Daimler zum Essen zu entschwinden. Die Förderkreismitglieder grämten sich freilich nicht weiter, trafen sie doch plötzlich ihren „Chef“.

Der kam im silbermetallischen Daimler-Coupé mit Olympia-Logos. Detlev Fricke berichtete dem staunenden Reporter stolz, er sei Hauptgeschäftsführer der Fachgemeinschaft Bau in Berlin und habe es sich wie die übrigen Mitglieder des noblen Kreises zur Aufgabe gemacht, mit dem nötigen Kleingeld die Berliner vom Olympiaglück zu überzeugen.

Nicht mehr überzeugt werden mußte ein Triumvirat der Berliner Politik. „Die Genossen kommen“, rief die Mittvierzigerin plötzlich. Jene Genossen, Bausenator Nagel, Fraktionschef Staffelt und Sportsmann Boger, waren freilich zahm und sogar bereit, sich mit der Wirtschaftsfraktion zum Gruppenbild zu stellen.

Blieb schlußendlich nur die Frage, wo all jene blieben, deren Unterstützung Diepgen und die Olympia GmbH so nötig hätten. Schließlich hatte der CDU-Vorsitzende weder Kosten, Müh' noch Briefpapier gescheut, um schließlich 500 CDU-Mitglieder zur Fahrt an die Côte d'Azur zu ermuntern. 300 Meter vom Sporting Club d'eté entfernt lüftete sich auch dieses Rätsel. Der Strand: ein gelbes Bärenmeer. Bärenshirts, Bärensocken, Bärentaschen in friedlicher Koexistenz mit chinesischen Staatstouristen und sonnenbrandgefährdeten Insulanern. Da sage noch einer, Olympia verbinde nicht die Jugend der Welt. Uwe Rada/Monte Carlo

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