piwik no script img

Berliner Polizei: Bei Mißhandlung führend

■ Neue Vorwürfe gegen die Polizei: Ausländer auf Wache mißhandelt / Innenverwaltung weist ZDF-Bericht zurück

Für großen Aufruhr hat gestern ein neuerlicher Filmbericht des ZDF-Magazins „Kennzeichen D“ über Polizeiübergriffe auf ausländische Mitbürger in Berlin gesorgt. Innensenatssprecher Hans-Christoph Bonfert sprach von einer „tendenziösen und verzerrenden“ Darstellung, die „schlichtweg falsch“ sei, und drohte in Richtung des ZDF-Autorenteams ganz offen an: „Dies wird ein Nachspiel haben.“

Der innenpolitische Sprecher von Bündnis 90/Grüne, Wolfgang Wieland, ist da ganz anderer Meinung: Der ZDF-Bericht, so Wieland, sei ein weiterer Beleg dafür, daß der „Vertuschungsclub Heckelmann und Saberschinsky immer sagt, bei der Polizei ist alles clean, auch wenn überall das Gegenteil herauskommt“.

In dem Beitrag schildern ein Tunesier und ein Türke, daß sie von Polizisten aus nichtigem Anlaß festgenommen und in einem Polizeiwagen auf der Fahrt zum Revier aufs schwerste mißhandelt wurden. Bei dem besagten Revier handelt es sich um den für den Citybereich zuständigen Polizeiabschnitt 27 in der Bismarckstraße, der schon mehrfach für Schlagzeilen gesorgt hat. Bereits im vergangenen März hatte das ZDF über ähnliche Übergriffe von Polizisten gegen Ausländer berichtet. Doch außer daß die Wache umbenannt wurde, habe sich dort „nichts geändert“, stellen die ZDF-Journalisten Wolf Lindner und Vincent Mewanu in ihrem neuen Beitrag fest. Das Fazit ihres Berichts: So viele Polizeiangriffe auf Ausländer wie in Berlin werden aus keinem anderen Bundesland bekannt. Lindner und Mewanu stützen ihre Behauptung auf die Angaben einer Mitarbeiterin des Bonner Büros von SOS Rassismus und eines Londoner Mitarbeiters von amnesty international (ai). Laut SOS Rassismus kommen von 26 angezeigten Fällen 18 (70 Prozent) aus Berlin. Innensenatssprecher Bonfert erklärte auf Nachfrage, derzeit seien 17 Ermittlungsverfahren gegen Polizisten „wegen Anschuldigungen der Mißhandlung von Ausländern“ anhängig. Das ZDF hätte „alles, was nicht in den Kram gepaßt hat, weggelassen oder verzerrt“. Die Behauptung, die Beschuldigungen gegen die Polizisten würden vertuscht, sei einfach falsch: Innensenator und Polizeipräsident hätten immer wieder deutlich gemacht, daß die Vorwürfe rückhaltlos aufgeklärt würden. Eine vorläufige Dienstsuspendierung der beschuldigten Beamten auf dem Revier 27 sei jedoch nicht erfolgt. Der Grund: Es gäbe keinen Anlaß, den Aussagen der Ausländer mehr zu glauben als denen der Polizisten, wenn keine weiteren Beweise vorlägen.

Für den innenpolitischen Sprecher der Grünen, Wieland, sind dies alles nur Vertuschungsmanöver: „Wenn Polizisten im Verdacht stehen, einen Joint geraucht zu haben, werden sie sofort vorläufig suspendiert“, erinnert er an vergangene Fälle. Innensenator Heckelmann sei schlichtweg nicht gewillt, die zahlreichen rechtsextremistischen Zwischenfälle in der Polizei aufzuklären. Wieland forderte die SPD auf, sich dafür einzusetzen, daß der Untersuchungsausschuß „Freiwillige Polizeiresere“ erweitert werde, um Licht in diese Vorgänge zu bringen. Doch der Grüne macht sich keine großen Illusionen: „Ohne Druck der Öffentlichkeit macht die SPD nichts.“ Plutonia Plarre

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen