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Jubel für PKK-Chef Öcalan in Bonn

Eine Kurdistan-Konferenz im Gustav-Stresemann-Institut steht ganz im Zeichen der verbotenen PKK. Ein föderaler Staat soll den türkisch-kurdischen Konflikt lösen  ■ Aus Bonn Björn Blaschke und Tarek Chafik

Standing ovations für einen Abwesenden: Zur „1. Konferenz für Frieden in Kurdistan“ in Deutschland, die am Wochenende im Gustav-Stresemann-Institut in Bonn stattfand, ließ Abdullah Öcalan, der Chef der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), eine vierseitige Grußbotschaft verlesen. Öcalan signalisierte darin seine Bereitschaft zu einer politischen Lösung der Kurdenfrage. Für Deutschland wollte er „mögliche negative Konsequenzen“ nicht ausschließen, sollte das von Innenminister Manfred Kanther initiierte PKK-Verbot fortbestehen.

Ungestört von diesem Verbot traten in Europa ansässige Kader der PKK und deren politischen Arms ERNK in Bonn auf. Auch wenn sie keine PKK-Symbole zeigten, schien ihr Führer Öcalan allgegenwärtig zu sein. Emine Duman, Schwester eines getöteten PKK- Kommandanten, die gemeinsam mit der Witwe eines Oberst der türkischen Armee einen Friedensappell an Türken und Kurden richtete, pries Öcalan gar als „wahren Friedensstifter“.

Offiziell hatten „medico international“ und die „Initiative Appell von Hannover“ zu der Konferenz eingeladen, um mit internationalen Menschenrechtlern, Politikern und Wissenschaftlern über die Zukunft Kurdistans zu diskutieren. Finanziell unterstützt wurde die Veranstaltung von der Stiftung „Umverteilen“ und dem internationalen Solidaritätsfonds von Bündnis 90/Die Grünen.

Obwohl er eingeladen war, konnte der Vorsitzende der prokurdischen Volkspartei der Demokratie (Hadep), Murat Bozlak, nicht an der Konferenz teilnehmen. Gegen ihn und 38 seiner Parteifreunde hatte das Staatssicherheitsgericht Ankara zuvor Haftbefehl erlassen. Im Anschluß an den Parteitag der Hadep waren sie vor zwei Wochen festgenommen worden, weil maskierte Männer eine türkische Flagge gegen ein Bild Öcalans ausgetauscht hatten. Allen Inhaftierten droht nun ein Prozeß wegen „separatistischer Propaganda“ und „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“. Damit ist die Hadep de facto in die Illegalität gedrängt, und eine friedliche Lösung des Kurdistankonflikts liegt mehr den je in weiter Ferne. Alle Redner in Bonn verurteilten das Vorgehen der türkischen Staatssicherheit und forderten die sofortige Freilassung der Inhaftierten.

An die Adresse der Bundesregierung wiederholten sie ihren „Appell von Hannover“ vom März dieses Jahres, in dem sie sie zu einem Dialog mit allen Konfliktparteien aufgefordert hatten. Angesichts des einseitig von der PKK erklärten Waffenstillstands müsse die deutsche Außenpolitik auf eine sofortige Einstellung der türkischen Militäraktionen gegen die kurdische Zivilbevölkerung in Südostanatolien drängen. Die Bundesregierung trage durch ihre Rüstungsgeschäfte mit der Türkei eine Mitverantwortung für die fortwährende Gewalt in Kurdistan, meinte die bündnisgrüne Europa-Abgeordnete Claudia Roth. Zynismus warf sie den Bonner Regierenden vor: Die Bundesregierung leugne zwar mittlerweile nicht mehr, daß die türkische Armee bei ihren Operationen in den Kurdengebieten mit deutschen Waffen ausgerüstet ist; sie leugne aber heute, daß diese Waffen auch gegen die Kurden eingesetzt werden. „Oder haben Sie diese Gewehre auch schießen sehen?“ zitierte Claudia Roth Bundesaußenminister Klaus Kinkel.

Solange sich die türkische Regierung einer politischen Lösung in den kurdischen Gebieten verweigere und ihre Militäreinsätze gegen die Kurden fortsetze, so Yașar Kaya, der Präsident des PKK-dominierten „kurdischen Exilparlaments“, sei der „bewaffnete Widerstand auch weiterhin ein legitimes Mittel“ des kurdischen Widerstands. Für Kaya und die meisten anderen Konferenzteilnehmer liegt eine friedliche Regelung des Konflikts in einer föderalen Lösung für den türkisch besetzten Teil Kurdistans. Damit haben die türkischen Kurden endgültig von ihrer früheren Forderung nach einem eigenstndigen kurdischen Staat Abstand genommen.

Ronald Mönch, Professor an der Hochschule Bremen, zeigte sich optimistisch: Durch die Erziehung einer kurdischen Bildungsschicht könnten im Bereich „Verwaltung und Rechtsprechung“ eine „kurdische Teilverfassung“ verwirklicht werden. Staaten mit „kultureller Heterogenität wie Kanada und Belgien“ sollten hierbei als Vorbild dienen.

Die Forderung nach einer föderalen Lösung steht auch in der Schlußresolution der „Konferenz für Frieden in Kurdistan“. Zudem richteten die TeilnehmerInnen an die Bundesregierung den Appell, die „Verbote der kurdischen Vereinigungen zurückzunehmen und deren weitere Arbeit zuzulassen“. Ob sich Innenminister Kanther darauf einlassen wird? – Immerhin hatte sein Kollege Klaus Kinkel der Konferenz in einer schriftlichen Note zu Beginn „gutes Gelingen“ gewünscht.

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