piwik no script img

„Koffer packen, Frau küssen, fortfliegen“

■ Der Karlsruher SC rückt im obskuren UI-Cup dem UEFA-Cup immer näher

Karlsruhe (taz) – Die abwinkende Handbewegung von Winfried Schäfer war recht eindeutig. Bloß nicht das, sollte sie signalisieren, als der Trainer des Karlsruher SC Anfang Mai die Liste möglicher UI-Cup-Gegner präsentiert bekam. „Das muß ich gleich der Mannschaft zeigen, damit die wissen, um was es geht“, brummte der blondgemähnte Fußballehrer vor sich hin, und – schwupp – war er auch schon in der Kabine verschwunden.

Irgendwie scheinen die Karlsruher Kicker ihren Chef nicht richtig verstanden zu haben. Denn zuerst, das nur zur Erinnerung, verloren sie ihr letztes Bundesligaspiel in Stuttgart und damit den angestrebten Platz im UEFA-Cup und dann auch noch das Pokalfinale gegen Absteiger Kaiserslautern. So kam es, daß der KSC nun mittendrin steckt im UI-Cup, den Spötter bisweilen „Strohhalm-Cup“ nennen, weil sich darin jene eine letzte Hoffnung auf einen Platz im kohlebringenden UEFA-Cup machen, die es nicht auf dem ordentlichen Wege geschafft haben. Als Gegner lauern da schon in der Vorrunde klangvolle Namen. Für den KSC beispielsweise Spartak Trnava, eine slowakische Mannschaft, oder, wie am Samstag abend, der FC Čukarički. Sprich: Tschukaritschki.

Aber mit der Aussprache ist das sowieso so eine Sache im UI-Cup. Hat sich übrigens auch Wildparkstadionsprecher Hans Faas gesagt und die Kicker vom FC Čukarički (sprich: Tschukaritschki) ganz einfach im Kollektiv begrüßt. Schade eigentlich, denn man hätte schon gerne gehört, wie er, die Zunge durch ein, zwei badische Viertele geschmeidig gemacht, so bekannte Fußballgrößen wie Predrag Brzakovic, Denis Prtenajac oder Nikola Vignjevic im Badischen willkommen geheißen hätte.

Die Herren drunten auf dem heiligen Rasen von W... Halt! Stopp! Fußball ist ja wieder zu Hause in good old Germany. Also noch mal: Die Herren drunten auf dem weltlichen Grün des Wildparks schenkten solcherlei keine Beachtung. 3:0 stand es am Ende, Edgar Schmitt (11.), Dirk Schuster (28.) und Sean Dundee (73.) hatten für die Badener getroffen. Nicht sonderlich glanzvoll, aber darauf kommt es im Fußball ja schließlich auch nicht an, schon gar nicht, wenn die Mannschaft mitten in der Saisonvorbereitung steckt und ihr Bester, Europameister Thomas Häßler nämlich, noch im Urlaub weilt.

„Ich hoffe, daß wir gegen einen besseren Gegner auch besser Fußball spielen können“, sagt Thorsten Fink, womit zweifelsohne kommende UI-Cup-Aufgaben gemeint waren. Die sprach auch Trainer Winfried Schäfer an, als er wieder einmal daran erinnerte, daß Girondins Bordeaux im letzten Jahr eben über diesen UI-Cup in den UEFA-Cup gekommen war und dort erst im Finale gegen Bayern München verloren hatte.

Auch die Fans, gegen Čukarički (sprich: Tschukaritschki) waren es rund 5.000 Unentwegte, klammern sich an diesen letzten Strohhalm. Jedenfalls hatten sie ihre Mannschaft am Samstag schon wieder ein bißchen mehr lieb als zuletzt. Beim ersten UI-Cup Auftritt vor zwei Wochen gab's nämlich noch böse Spruchbänder, in denen KSC kurzerhand zur Abkürzung für Kampflos, Sieglos, Charakterlos erklärt wurde, im Gedenken an das Pokalfinale, das die Karlsruher nach Fanmeinung durch mangelndes Interesse vergeigt hatten.

Nächste Woche steht ein weiteres UIC-Spiel in Riga an, danach geht es, einen Sieg vorausgesetzt, in die eigentliche UEFA-Cup- Qualifikationsrunde, wo, in Hin- und Rückspiel, nochmals zwei Hürden aus dem Weg zu räumen sind. Und dann kommt die Teilnahme am UEFA-Cup. Die hatte Winnie Schäfer schon beim letzten Mal zum Nonplusultra erhoben, „Koffer packen, Frau küssen, fortfliegen“, hatte der Trainer damals gesagt, „da fängt Fußball an.“ Der UI-Cup war damit nicht gemeint. Frank Ketterer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen