: Ozonkiller im Bundestag
■ Greenpeace: Auf Bundesbaustellen wird mit umweltschädlichen Baustoffen gebaut. H-FCKW-Dämmplatten entdeckt. Töpfer wiegelt ab: Der Bund baut ökologisch
Bundesbauminister Klaus Töpfer (CDU) sollte das Wort „ökologisch“ bei den Bauten für die Parlaments- und Regierungsgebäude nicht mehr so leicht über die Lippen gehen. Die Umweltorganisation Greenpeace konfrontierte Töpfer gestern auf der Baustelle des Abgeordnetenbürohauses an der Straße Unter den Linden Ecke Schadowstraße mit Dämmplatten, die mit dem Ozonkiller H-FCKW (halogenierter Flourchlorkohlenwasserstoff) aufgeschäumt waren. Greenpeace hatte die Dämmplatten am Vortag entdeckt. Nach Angaben Töpfers ist das Material zur Fassadenisolierung jetzt abtransportiert worden.
Bei dem Einsatz der H-FCKW- Platten habe es sich um einen „bedauerlichen Irrtum“ gehandelt, so Töpfer. Der Stoff sei zwar auf Bundesbaustellen nicht erwünscht, aber bis zu seinem endgültigen Verbot 1997 nicht illegal. Der Bauminister versicherte, daß bei den Parlamentsneubauten sowie Sanierungen auf den Einsatz von umweltschädlichen Baustoffen wie Aluminium, H-FCKW, Tropenholz oder PVC gänzlich verzichtet werden soll.
Genau dies geht Greenpeace- Mitarbeiter Carsten Körnig und Franziska Eichstädt-Bolig, baupolitische Sprecherin von Bündnis 90/ Die Grünen, nicht weit genug. Statt Absichtserklärungen forderten sie eine gesetzliche Regelung, die den Gebrauch giftiger Baustoffe untersagt. Nach Ansicht von Eichstädt-Bohlig müsse in Verträgen mit Architekten und Baufirmen ein eindeutiges Verbot umweltschädlicher Materialien verankert werden. Schließlich forderte die grüne Bauexpertin, auf Baustellen „fachkundige Umweltbeauftragte“ einzusetzen. Diese sollen Architekten und Unternehmen beraten beziehungsweise den Baufortgang kontrollieren. „Es kann nicht sein, daß Greenpeace die Baustellen überwacht“, sagte Körnig auf dem Rundgang durch das fast fertige Bürogebäude.
Körnig hielt Töpfer vor, daß der Bund nicht – wie propagiert – ökologisch, sondern „schlampig und gefährlich“ auf der Bundestagsbaustelle an der Straße Unter den Linden gebaut habe. So sollen in dem Gebäude seit 1994 etwa 100 Kubikmeter H-FCKW-haltige Dämmplatten verbaut worden sein. Außerdem sei Beton mit Tropenholz verschalt worden, betonte Körnig und hielt dem Minister ein Stück Tropenholz unter die Nase.
Der Greenpeacer forderte nicht nur den Ausstieg aus den „untauglichen“ EU-Richtlinien, „nach denen noch in zwanzig Jahren“ Dämmschaum genutzt werden könne. Körnig plädierte auch für die Verwendung eindeutig umweltfreundlicher Baumaterialien. Gerade die Bauten des Bundes sollten vorbildlich ökologisch und innovativ gebaut werden. „Zu den Dämmplatten gibt es längst Alternativen“, sagte Körnig.
Der umweltpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Wolfgang Behrendt, forderte, daß die beteiligten Baufirmen zur Verantwortung gezogen und die Kontrollen auf den Baustellen „intensiviert“ werden. Der Einsatz von H-FCKW für das neue Regierungsviertel bedeute „das Gegenteil einer an ökologischen Erkenntnissen orientierten Bauweise“, so Behrendt. Rolf Lautenschläger
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