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Eine Kronzeugin, die keine sein will

■ Die Haas belastenden Aussagen von Souhaila Andrawes sind widersprüchlich

Die Anklage der Bundesanwaltschaft gegen Monika Haas fußt im wesentlichen auf zwei ziemlich wackligen Stützen. Zum einen sind es die Aufzeichnungen, die der Staatssicherheitsdienst der DDR hinterlassen hat. Zum anderen sind es die Aussagen der einzig überlebenden Flugzeugentführerin, der Palästinenserin Souhaila Andrawes. Die heute 43jährige soll Monika Haas als jene „schöne Frau“ identifiziert haben, die dem Kidnapperkommando auf der Urlauberinsel Mallorca die Waffen für die Flugzeugentführung übergeben hat. Nur: Das wird Souhaila Andrawes, die wegen des Highjackings vor fast 19 Jahren gegenwärtig in Hamburg selbst vor Gericht steht, dem Frankfurter Gericht wohl nicht bestätigen.

Am 21. Mai verweigerte Andrawes in ihrem Hamburger Prozeß jede Aussage zur Frage der Herkunft der Waffen, die bei der Flugzeugentführung verwendet wurden. Auch eine Strafmilderung nach der Kronzeugenregelung konnte die Angeklagte nicht dazu bewegen, Monika Haas als Waffenbotin zu benennen. Das war nicht immer so. Vor ihrer Auslieferung in die Bundesrepublik hatte Andrawes, die am 13. Oktober 1994 in Oslo verhaftet wurde, ihre norwegischen Vernehmer am 4. November 1994 überraschend zu sich kommen lassen. Eine Woche zuvor hatte sie noch ausgesagt: „Ich glaube nicht, daß diese Frau (Monika Haas, d. Red) etwas mit der Aktion auf Mallorca zu tun hat.“ Jetzt hielt der Polizeiobermeister Kyrdalen in seiner Niederschrift fest: Andrawes sei „ganz sicher, daß sie Monika Haas am ersten Abend oder in der ersten Nacht ihres Aufenthalts auf Mallorca gesehen habe“. Und weiter: „Die Frau sei gekommen, um Waffen abzuliefern, die später bei der Entführung des Flugzeug verwendet werden sollten.“ Monika Haas bestreitet aber vehement, jemals auf Mallorca gewesen zu sein.

Ihre belastende Aussage hat Andrawes wenig später widerrufen. Gleichwohl beteuerte sie, in der Vernehmung vom 4. November nicht gelogen zu haben. An die Bundesanwaltschaft gerichtet erklärte sie: „Ich will diese Situation nicht, in der zwei Mütter gegeneinander gestellt werden, um sich zu bekämpfen.“ Und vor dem Hamburger Oberlandesgericht wies sie anschließend das Angebot auf Strafmilderung brüsk zurück: „Ich verachte die Kronzeugenregelung.“ Sie wolle nicht „in ein anderes Verfahren eingemischt werden“. Auch dem Frankfurter OLG dürfte es einigermaßen schwerfallen, sich darauf einen Reim zu machen. Paul Neumann

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