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"Da habt ihr den Salat"

■ Anwohner klagt gegen Inbetriebnahme des Berliner Forschungsreaktors, und Atomkraftgegner kippen Obst vor die Behörde von Umweltsenator Peter Strieder

Der juristische Streit um den Forschungsreaktor des Hahn- Meitner-Instituts geht in dieser Woche in die vorläufig letzte Runde. Das Oberverwaltungsgericht Berlin verhandelt am kommenden Mittwoch über die Klage eines Anwohners gegen die Betriebsgenehmigung des Reaktorblocks.

Dietrich Antelmann, der seit zwölf Jahren gegen den Reaktor klagt, bemängelt das Fehlen einer Betonummantelung des Reaktors gegen mögliche Flugzeugabstürze mit katastrophalen Folgen. Außerdem hält er die Entsorgung des atomaren Mülls für völlig ungelöst.

Vor allem aber fühlt er sich durch die schon im Normalbetrieb abgegebene Strahlung in seiner Gesundheit bedroht. Die genehmigten Emissionen des Forschungsreaktors seien mit denen eines Atomkraftwerks vergleichbar und für einen Reaktor mitten in einer Millionenstadt viel zu hoch, so Antelmann. Beim Betrieb des Reaktors komme es schließlich immer wieder zu unvorhergesehenen Pannen, klagt der Anwohner.

In dem mehr als zehn Jahre währenden juristischen Streit um den Forschungsreaktor, der seit 1991 in Betrieb ist, hatte der 56jährige Angestellte schon Teilerfolge errungen.

Bereits am vergangenen Donnerstag hat das Anti-Atom-Plenum mit einer Aktion vor der Berliner Genehmigungsbehörde, an deren Spitze Stadtentwicklungs- und Umweltsenator Peter Strieder steht, Antelmanns Klage unterstützt. Die AtomkraftgegnerInnen kippten eine Fuhre Obst und Gemüse vor den Eingang des Senats für Stadtentwicklung und Umweltschutz. Sie wiesen damit auf den Fund radioaktiver Stoffe im Obst aus der Nachbarschaft des Atommeilers hin.

Die AktivistInnen fordern die Stillegung des Reaktors, da er schon im Normalbetrieb die Gesundheit der Bevölkerung gefährde. Eine Analyse von Meßwerten aus Strieders Behörde, die das Umweltinstitut München e. V. durchgeführt hatte, hat unter anderem radioaktives Neptunium (Np 239) und Cer (ce 141) in Weintrauben aus einem Kleingarten dem Betrieb des Forschungsreaktors zugeschrieben. Die Analyse der Strieder-Meßwerte hatte Dietrich Antelmann in Auftrag gegeben.

Mit den Ergebnissen werden seiner Auffassung nach frühere Behauptungen der Senatsverwaltung widerlegt. Auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Hartwig Berger (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) hatte der Senat 1995 geantwortet, es gebe „keinen Hinweis auf das Vorhandensein künstlicher, vom Betrieb des Reaktors ausgehender Stoffe“. Karl Amannsberger

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