Warten auf grünen Koffer

Eine möglichst kurze Anfahrt zum Urlaubsort ist ein wichtiges Kriterium für Öko-Reisen. Pauschalangebote an Nord- und Ostsee  ■ Von Achim Fischer

Umwelt? Find' ich gut, finden viele. Urlaub auch, mit dem Flieger nach Nepal, mit dem Mietauto durch die USA. Und schon zwickt das Gewissen. Reisen – wie „sanft“, „umweltverträglich“oder „öko“auch immer – belastet die Umwelt. Aber diese Belastung läßt sich verringern. Zum Beispiel, indem man ein nahe gelegenes Urlaubsziel wählt. Beispiele rund um Hamburg gibt es genug.

Welche Reise wirklich öko ist, darüber streiten sich die Gelehrten. Umweltbundesamt, Umwelt- und Reiseverbände haben unterschiedliche Kriterienkataloge vorgelegt, um die Naturverträglichkeit der Urlaubsangebote zu beurteilen. Die Anforderungen reichen vom Re–cycling-Papier für Kataloge über die Buchungen in kleinen, unabhängigen Pensionen bis zum Bezug ökologisch hergestellter Nahrungsmittel.

Ein Punkt ist dabei (fast) allen Aufstellungen gemeinsam: die Anreise zum Urlaubsort. „Wenn Sie mehrere Urlaubsorte zur Auswahl haben, nehmen Sie nach Möglichkeit die näher gelegenen Orte in die engere Wahl“, empfiehlt das Umweltbundesamt noch recht vorsichtig. Der Verkehrs Club Deutschland (VCD) nennt als Faustregel: „Die Zahl der Stunden, die Sie für Hin- und Rückreise zusammen unterwegs sind, sollte nicht größer sein als die Zahl der Urlaubstage.“Eine Woche Urlaub reicht also für dreieinhalb Stunden Entfernung. Mit der Bahn, ansonsten mit Bussen, zur Not mit Autogemeinschaften. Nach Möglichkeit nicht mit dem Flugzeug. Darin sind sich Umweltbundesamt, VCD oder der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) einig. „Es geht uns nicht darum, die Flugreisen zu verbieten“, sagt Karsten Klenner, Pressesprecher im Umweltbundesamt. „Aber man sollte durchaus überlegen, ob man das Urlaubsziel nicht mit anderen Verkehrsmitteln erreichen kann.“Oder ob man „noch besser“ein näher gelegenes Ziel aussucht. „Aber das können wir den Leuten nicht vorschreiben.“Nur anbieten.

Einige alternative Reiseveranstalter haben Ziele an Nord- und Ostsee im Programm. Der Nürnberger VCD-Ableger fairreisen zum Beispiel bietet eine Rad- und Schiffstour quer über die drei Ostsee-Inseln Rügen, Bornholm und Usedom. Die Flensburger AmphiTrek veranstaltet acht Tage „Ostfriesland zwischen Ems und Jade – per Rad auf den Spuren Störtebeckers“, inklusive Gepäcktransport und 14-Gänge-Rad. Der BUND bietet drei verschiedene Kanu-Touren auf der mecklenburgischen Seen-Platte und eine Kajak-Wanderung entlang der Ostsee-Küste an. Ebenfalls an die Ostsee fährt das Hamburger Buskollektiv, für Segeltörns, Katamaran- und Jollenschulungen.

Die Suche nach umweltverträglichen Pauschalreisen ist mühsam. Es gibt weder einen gemeinsamen Verband alternativer Reiseanbieter noch ein Umweltzeichen, das die Auswahl unter den vermeintlichen Öko-Angeboten erleichtern würde. Der Verband Ökologischer Tourismus in Europa (ÖTE) – ein Zusammenschluß von zwölf Umweltverbänden – versucht schon seit sechs Jahren, ein Siegel für umwelt- und sozialverträglichen Tourismus zu etablieren: den grünen Koffer. Bislang ohne Erfolg.

Der ÖTE kann die Markteinführung des Siegels nicht alleine finanzieren. Das Umweltbundesamt hat eine Unterstützung in Aussicht gestellt – unter der Bedingung, daß auch die Spitzenverbände der Branche dem Konzept zustimmen: der Deutsche Fremdenverkehrsverband etwa oder der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband. Das aber ist nach Angaben des ÖTE „nur eingeschränkt“erfolgt. Ein Umweltzeichen für die Reisebranche ist weiterhin nicht in Sicht. Reiseveranstalter, die sich dennoch an die Kriterien des ÖTE halten, nennt der Verband (Adresse siehe Kasten).