■ Urdrüs wahre Kolumne: „Grobi soll nicht sterben!“
Oh, Ihr törichten Eiferer, die Ihr den verehrten Konfu- sionsrat Bock und Polach dazu getrieben habt, um seines Freundes Ralfi willen in den Sack zu hauen. Ja früher, da hättet Ihr den wenigstens noch in Eure Fischmehlfabriken schicken können, aber heute reicht es doch nur zum amtlich bestallten Spaziergänger auf Lebenszeit. Ihr steißpaukerischen Arschkrampen, die Ihr dem Schlendrian selbst in der Justiz abhold seid und ausgerechnet DEN PERFEKTEN STAAT wollt: Eure Schuld ganz allein, wenn das nächste Strafverfahren gegen beispielsweise das Antirassismusbüro ganz ordentlich zu Ende durchgezogen wird statt im menschelnden Chaos von ungelesenen Akten, Praline, Reader's Digest und Neue Juristische Wochenschrift unterzugehen. Ihr seid doch zur Revolte zu dämlich und zur leuchtenden Perspektive zu blöd, Ihr Klarsichtfolienfanatiker der lauteren Rechtspflege! Herrr, scheiß Hirn vom Himmel – und dem Böckchen allzeit einen fröhlichen Werdegang.
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Bei einem Besuch des Bremerhavener Zoo am Meer (nur echt mit dem singenden Zoodirektor Rüdiger) nutze ich die in diesem Kirchspiel nicht ganz selbstverständliche Möglichkeit, zwischen Seehundfütterung und Eisabspeisung für die begleitende Kinderschar die kleine aber reinliche Toilettenanlage zu nutzen und finde dort auf einer Quittung der Nobelfischbrat- küche diesen einigermaßen pathetischen Kugelschreibersatz:„SPD! Mit Einsatz für mehr Gerechtigkeit für unser schönes Bremerhaven die nächste Wahl gewinnen.“Tagte hier die sozialdemokratische Programmkommission mit Dornkaat in Taschenflaschen? Machte sich an diesem Örtchen Urgestein fit für neue Aufgaben? Oder fanden wir hier das politische Vermächtnis der Eheleute Lenz bzw. die kühne Umzugsvision des Uwe Beckmeyer aller Kranken- und Gemeindekassen? Weitere Fishtown Papers bitte künftig auf direktem Weg an mich: „Ich finde euch süß!“
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Apropos süß! Diese Bildunterzeile der Montags-Taz zu den staatlich veranlaßten Anschlägen auf die süßen Galloway-Rinder sollte der Freundeskreis eines stadtbekannten Reedereimanagers seinem vortrinkenden Oberkumpel wirklich aufs geräumige T-Shirt drucken lassen: „Grobi soll nicht sterben – weil sein Züchter ihn lieb hat.“
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Jetzt werden schon seit mehr als einer Woche in der Bremer Rathaushalle die Wehrmacht Opas verunglimpft und immer noch keine Selbstverbrennung altgedienter Haudegen der Waffen-SS oder ihrer indischen Witwen. Schiß? Fanatisches Festhalten an der Leutnantspension? Oder einfach noch nicht auf die Idee gekommen? Protestiert hitzig, ihr Anstandskrieger!
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Bekomme ich doch dieser Tage die offenkundig ernstgemeinte Aufforderung einer Stadtteilinitiative, mich bei einem Sommerfest in Molkereiprodukten zugunsten einer Kindertagesstätte aufwiegen zu lassen. Ja, wie sollen die kleinen Buben und Mädchen denn den ganzen Kakao und Früchtejoghurt verdauen? Und wie stehe ich am Ende da, wenn meine intimen Körperdaten jeder magersüchtigen Quarktasche zwecks öffentlicher Verunglimpfung zur Verfügung stehen? Nehmt euch Strampelpeter Kudella, den Tischtennisspieler Jens Eckhoff oder den Reformhauskaufmann Helmut „Frühjahrskur“Zorn, da habt ihr am Ende noch zwei Becher Buttermilch mehr davon!
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Der Papst verurteilte jetzt in seiner polnischen Heimat „die unsichtbaren Mauern in den Herzen“und schließt sich damit meiner Grundsatzposition vollinhaltlich an. Der gegenläufige Gesamttrend ist damit aber noch nicht gebrochen, denn am selben Tag notiert die BILD-Zeitung auf ihrer „IN“-Liste den coolen Clint-Eastwood-Schnack „Gnade ist heute aus!“Das paßt wieder mal...
Ulrich Reineking
(vormals KGV Blockland) im Landesverband Bremen)
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