: Pizza mit ganz viel Belag
■ Lecker und trotzdem nicht jedermanns Sache: Das Festival Jazz in Hamburg präsentiert eine bunte Mischung einheimischer Künstler und Ensembles
In Hamburg wird Jazz groß geschrieben. Obwohl nicht immer, wo mit viel Geld renommierte Künstler engagiert werden, auch zwangsläufig großer Jazz geboten wird. Der West Port, der gemischte Gefühle hinterlassen hat, zeigte das dieses Jahr wieder deutlich. Das Festival Jazz in Hamburg fußt auf einem anderen Konzept: Hier spielen überwiegend lokale Künstler und Bands. Die meisten von ihnen sind zwar noch unbekannt, aber jeder fängt ja mal klein an. „Mit viel Enthusiasmus und einem deutlich kleineren Budget“, so der erste Vorsitzende des Jazzbüros Hamburg, Harro Frank, wird das Open-Air organisiert.
Zwei Tage lang wird es wieder swingen, grooven und vielleicht auch ein bißchen krachen. 14 Bands spielen auf dem Festival, zu dem wie im letzten Jahr über 4000 Besucher erwartet werden. Neben Hamburger Künstlern hat das Jazzbüro auch internationale Größen eingeladen. Das Attila Zoller International Quartett und das Ernst Reijseger/Han Bennink Duo sind zwei Highlights: Während Attila Zoller als Wegbereiter des Modern Jazz in Deutschland gilt, sind Ernst Reijseger und Han Bennink bekannt für ihre brillante Improvisationskunst.
„Viele Hamburger Bands haben schon reichlich Erfahrung auf internationalen Festivals gesammelt, aber kaum Festival-Erfahrung in Hamburg“, bemängelt Jan Peter Klöpfel vom Jazzbüro die Situation für hiesige Musiker. Mit freiem Eintritt zu allen Konzerten hoffen die Veranstalter, den einheimischen Jazz bekannter machen zu können. Insbesondere sollen auch die ein-schlägigen Clubs an Popularität gewinnen. Während tagsüber die Konzerte in Planten un Blomen stattfinden, geht es abends im W6 und Dennis' Swing Club weiter.
Über Bebop, Modern Jazz bis zur Avantgarde werden alle Stile vertreten sein. New Orleans und Dixieland werden hingegen vernachlässigt – schließlich ist das Festival kein Frühschoppen. Wer genau hinhört, wird auch Techno-Beats und Einflüsse aus Folk- und Weltmusik ausmachen können. Das Lüdawidawilü Terzett zum Beispiel kreuzt alpenländische Folklore mit peruanischer, und das Tilman Ehrhorn Quintett verfeinert den Modern Jazz mit Kompositionstechniken des 20. Jahrhunderts.
Doch ganz so viel Grenzgängerisches wollen die Veranstalter dann doch nicht – und ergänzen ihr Programm durch Mainstream-Exponenten wie die JP Band.
Den Freunden des experimentellen Jazz seien vor allem die Auftritte von Tisch 5, dem Altona Art Duo sowie dem TonArt Ensemble angeraten. Sieht man einmal von dem bewußten Verzicht auf die Old-School des Jazz ab, ist das Festival wie eine Pizza mit allem drauf: lecker und trotzdem nicht jedermanns Sache.
Oliver Nachtwey
Sa, 9. August, ab 14 Uhr: Planten un Blomen, ab 22 Uhr: W6 und Dennis' Swing Club. So, 10. August, ab 14 Uhr: Planten un Blomen, ab 22 Uhr Dennis' Swing Club. Die genauen Termine entnehmen Sie bitte unserem Tagesprogramm.
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