Wenn Teppiche leicht erröten

■ Das kleine Schwarze ein Putzlappen? Die Mohair-Kuscheldecke bretthart und kratzig? Wenn die chemische Reinigung versagt, hilft die Schiedsstelle der Verbraucherberatung

„Am liebsten würde ich „Arschloch“zu dem sagen, dann fühle ich mich wenigstens besser“, schimpft ein älterer Bremer über seine chemische Reinigung. Die hat seine flauschweiche Mohair-Kuscheldecke zu einem kratzigen, harten Brett verhunzt. Reklamationen des vergrätzten Kunden geht der Inhaber der Reinigung aus dem Weg. Er läßt sich verleugnen. „Das ist fast typisch“, meint Karin Schonwolff-Budahn von der Schiedsstelle der Bremer Verbraucherberatung.

Cocktailkleider zu Putzlappen, elegante Gardinen zu lumpigen Bettvorlegern, Stretch-Kleider zu Kartoffelsäcken: Nicht alles, was als Glanzstück des heimischen Kleiderschranks in die chemische Reinigung wandert, kommt als solches auch wieder heraus. Mit detektivischem Spürsinn, Lichtlupe zur Gewebekontrolle, Lakmuspapier für die chemische Analyse entlarvt Heinrich Kreipe, staatlich geprüfter Sachverständiger, Verarbeitungsfehler von Textilherstellern und unsachgemäßes Waschen oder Reinigen. Zusammen mit Schonwolff-Budahn von der Verbraucherberatung bildet er das Team der Schiedsstelle. Ihre Aufgabe ist es, im Vorfeld eines Gerichtsverfahrens zwischen Reinigungsgeschädigten und Tätern zu vermitteln.

Tatsächlich sind die Wege lang, drängen Kunden auf Schadensersatz für durch Reinigung zerstörte Kleider, Gardinen, Polster, Teppiche oder Lederkluft. Kann sich ein Kunde nicht gütlich mit der Reinigung einigen, bleibt oft nur der Weg zum Anwalt. „Die Rechtsanwälte gehen dazu über, bei der Schadensbewertung die Verbraucherberatung einzuschalten“, weiß Karin Schonwolff-Budahn. Reklamationen bei Händlern oder Herstellern sind einfacher, denn die fürchten Imageverlust und tauschen Textilien schneller um.

Der erste Griff des Experten gilt jenem kleinen Fähnchen, das oft schwer zu finden ist: dem Pflegeetikett. „Die Pflegekennzeichnungen sind nur Empfehlungen, aber eine chemische Reinigung muß sie berücksichtigen.“

Kreipe hält einen grüngräulichen, lappigen Bettvorleger in die Höhe. Früher soll das Ding eine Gardine gewesen sein. Dumm gelaufen für die Reinigung. Sie hat zwar behauptet, die Gardine gereinigt zu haben, Kreipes ultraviolettes Licht straft den Reiniger Lügen. Er hat das Teil gewaschen, und das verbietet das Pflegeetikett.

Mehr Ärger hat eine Oma mit dem Rheumabezug für die Matratze. Das 1.000-Mark-Stück taugt nach der Reinigung nur noch zum Fliegenjagen. Außerdem ist die teure Bettunterlage verschwunden. Die Reinigung hat ihr zwar eine Billigunterlage besorgt, aber in Sachen Bezug ist sie nicht mehr zu sprechen. Kreipe bescheinigt den Reinigungsschaden, die Frau wird sich einen Anwalt nehmen, eine gleichwertige Unterlage plus Matratzenbezug sind ihr sicher.

Passen muß Kreipe bei einem flächendeckend erröteten Teppich. Ob Herstellerfehler oder Versagen der Reinigungsprozedur, das Geheimnis lüftet sich nicht. Der Teppich muß ins Labor.

Von 400 Verbraucherreklamationen pro Jahr in Bremen landen 200 vor der Schiedsstelle. Alle Auskünfte sind gebührenpflichtig und kosten zwischen 20 und 50 Mark. In 60 Prozent der Schadensfälle sind Hersteller oder Reiniger Verursacher des Malörs. Hier stehen die Chancen auf Schadensersatz nicht schlecht. schuh

Verbraucherzentrale Bremen, Altenweg 4, Tel. 160 777