„Von Berlin aus läuft gar nichts“

■ Der Senat solle Kontaktbüros in Asien einrichten, meinen Unternehmer

Eine deutsche Firma habe einen Praktikanten drei Monate lang zu Verhandlungen nach Indochina geschickt, erzählt man sich unter Vietnamisten. Die Besuche des weitgehend sprachunkundigen jungen Mannes bei verschiedenen Firmen blieben völlig ohne Erfolg: Schon sein geringes Alter war in Kulturen, in denen man dem Älteren Respekt entgegenbringt, ein Makel.

Der Student erschien zudem in Jeans und konnte keinerlei Beglaubigungsschreiben der Firma vorweisen, die er vertrat. Seine Besuche waren weder angekündigt noch über persönliche Kontakte vorbereitet. Die Visitenkarten – seine einzige Legitimation – übergab er mit einer Hand. Was man Vietnamesen nicht mit beiden Händen überreicht, gilt als halbherzige, lieblose Gabe. Frustriert trat der Praktikant, der in Vietnam und Laos Ersatzteile verkaufen wollte, für die es durchaus einen Markt gegeben hätte, die Rückreise nach Deutschland an. Der asiatische Markt ist anders, erzählt Claus-Peter Felske von der Spandauer Pharmafirma Heyl GmbH, die Produkte nach Japan, Taiwan, Südkorea und Australien verkauft. Hier sind Wirtschaftskontakte von traditionellen Beziehungen geprägt. Kleine Gesten – Riesenwirkungen.

Wer gegen die Etikette verstößt, hat gleich verloren. „Japanische Geschäftsleute sind neuen Partnern gegenüber eher skeptisch. Mit wem sie jahrzehntelang zusammenarbeiten, dem vertrauen sie hingegen“, meint Felske. Für die Asien-Pazifik-Wochen des Senats interessiere er sich nicht. Die Heyl GmbH koordiniere die Aktivitäten in der Pazifikregion von ihrem japanischen Büro. „Von Berlin aus läuft gar nichts.“

Der Inhaber einer mittelständigen Firma, der nicht genannt werden möchte, kritisiert: „Um das Image dieser Region bei der Berliner Bevölkerung aufzupolieren, mögen die Asien-Pazifik-Wochen ihren Sinn haben. Für die Wirtschaft aber sind die Vorträge ohne jede Bedeutung.“ Hier müsse man vor Ort sein und sich in der sprichwörtlichen asiatischen Geduld üben. „Statt alsso eine PR-Show für Leute zu organisieren, die einfach zu viel Zeit haben, sollte das Land Berlin in der boomenden Wirtschaftsregion lieber Kontaktbüros einrichten.“ Solche Konkaktbüros, die kleinen Firmen die Türen öffnen könnten, unterhalte beispielsweise Nordrhein-Westfalen in mehreren Staaten der Region. Berlin hat hingegen nur bei der EU in Brüssel ein Auslandsbüro.

Wie Kontakte funktionieren können, zeigt ein weiteres Beispiel. Hans Haubenschild hat in den 50er und 60er Jahren vietnamesische Schüler und Lehrlinge im sächsischen Moritzburg ausgebildet. Heute arbeiten die ehemaligen Schüler als Prorektorin der Technischen Universität Hanoi, Zoodirektor von Saigon, Generaldirektor von Mekong-Auto, vietnamesischer Botschafter in Bonn oder stellvertretende Chefin der Firma Saigon-Tourist. Die mittelständige Firma „Müller & Partner“ nutzt jetzt Haubenschilds gute Beziehungen und schickt ihn nun zu Dienstreisen an den Roten Fluß. Kontakte, die andere nicht zustandebringen, gelingen dem einstigen Lehrer allemal.

Berlins Wirtschaftssenator Elmar Pieroth (CDU) hätte immerhin vor zwei Monaten einstige DDR-Außenhändler versammelt, um deren Kontakte zu nutzen. Aber Hans Haubenschild ist sicher: Das geschah sieben Jahre zu spät. Marina Mai