■ Querspalte: Ritter der Landstraße
Auch wenn es so aussieht, als ginge es unaufhaltsam zu Ende mit der Welt, es gibt noch Hoffnungszeichen. Gelegentlich verbindet sich die „Sorge um sich“ (Michel Foucault) aufs schönste mit der civil society (Richard von Weizsäcker und eigentlich alle). Ein Autofahrer in Basel zog neulich blank, um seinen Parkplatz zu verteidigen, worauf ihn sein Gegner, nicht faul, einfach niederknallte. Und in Louisiana haben sie gerade mit 133 Stimmen gegen eine einzige ein Gesetz verabschiedet, wonach der Autobesitzer den Autodieb erschießen darf. Peng!
Zustände sind das wie im Wilden Westen, denkt schaudernd der Mitteleuropäer und seufzt was von Faustrecht und Marlboro. Während wir als gewiefte Mickey-Mousianer doch wissen, daß von Amerika lernen siegen lernen heißt. Lange genug haben wir uns defätistisch angehört, wie die Statistik immer neue und schrecklichere Zahlen herleierte vom Kollaps in den Städten und dem Totalstau auf den Autobahnen. Doch jetzt wird alles gut.
Die Autofahrer beschleunigen kurz und ballern einander dann nieder. Schon liegen wieder zwei auf der Walstatt. Ein Stau entsteht, der Abschleppwagen hat Mühe durchzukommen, die anderen fluchen, drohen, nervös zuckt die Rechte zwischen dem Steuer und der Winchester, und los geht's!
„Nimm das!“ „Und das!“ „Und das erst recht!“ Im Nu wäre Kreuzung für Kreuzung stillgelegt. Ein Sanierungsprogramm, wie es McKinsey nicht besser erfinden könnte: der augenblickliche Rechtsausgleich, der Kampf Mann gegen Mann, er ist effizient, unbürokratisch und schafft auch noch ein paar Arbeitsplätze im pompesfunèbralen Bereich.
Vor allem aber schafft er das Autofahren ab. Die Angsthasen bleiben gleich zu Hause, die wahren Ritter aber drängt es vor die Tür, hinaus aufs Turnierfeld, wo sie bis zum Totumfallen kämpfen werden. Aber bitte nicht übertreiben: Erst wenn das letzte Auto gefällt, wenn die letzte Tankstelle abgefackelt ist ... Willi Winkler
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