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Indonesier interessiert das Erotikmuseum

■ Die Tourismus GmbH orientiert sich bei der Vermarktung der Sehenswürdigkeiten an bestimmten Zielgruppen: Jugendliche werden mit der Love Parade geworben, Japaner mit Architektur-Prospekten

Wer etwas verkaufen will, muß schon mal das eine oder andere Auge zudrücken. So lädt in den offiziellen Schriften der Berlin Tourismus Marketing GmbH (BTM) plötzlich das „multikulturelle Berlin zur grenzenlosen Entdeckungsreise“, wird der Tiergarten wieder zum „sommerlichen Picknickplatz zwischen Kebab und Kartoffelsalat“ und die illegale Clubszene zum totalen Hype für jugendliche Besucher. Und, natürlich: Nichts geht über die Love Parade und den Christopher-Street-Day. Wenn BTM-Sprecher Buhmann über den jährlichen Millionenrave im Tiergarten spricht, kommt er aus dem Schwärmen überhaupt nicht mehr raus. Event-Tourismus heißt die Devise, mit der man heutzutage noch richtig Besucher locken kann. „Da muß man doch als Jugendlicher dabeigewesen sein“, so Buhmann, „und wenn ihnen die Clubszene hier gefällt, kommen sie auch wieder.“ An der Zielgruppe Jugend muß ohnehin ganz neu gearbeitet werden: Seit die Mauer ebenso verschwunden ist wie die polizeistundenfreie Zone im Westteil, fallen zwei wesentliche Argumente für Klassenfahrten aus.

Doch auch sonst weiß man als Tourismusexperte, was die Besucher wünschen: In der offiziellen Hitliste der Sehenswürdigkeiten steht das Brandenburger Tor gemeinsam mit der Infobox an der Spitze; dicht gefolgt von den Top- Baustellen Potsdamer Platz und Checkpoint Charlie, dem Mauermuseum, Reichstag, der Neuen Wache und der East Side Gallery. Irgendwo im Mittelfeld finden sich die Boulevards Ku'damm und Unter den Linden. Weit abgeschlagen in der Beliebtheitsskala: das Schloß Charlottenburg.

Außerdem gilt: Verschiedene Nationalitäten – verschiedene Geschmäcker. So mußte sich BTM- Chef Nerger bei einer Berlin-Präsentation in Indonesien im Sommer zuallererst nach Beate Uhses Erotikmuseum fragen lassen. US- Amerikaner hingegen wollen oft vor allem wissen, wo Hitlers Bunker war – auch wenn ihnen das bedauerlicherweise niemand so recht beantworten kann. Überhaupt seien die „angelsächsischen Besucher oft an geschichtlichen Zusammenhängen interessiert“, weiß Bernd Buhmann, „und die Italiener an Kultur“.

Vor allem US-Amerikaner nutzen Berlin als Sprungbrett, um noch weiter hinter den Eisernen Vorhang zu schielen. Groß im Rennen: die Tour Berlin–Prag– Budapest. Aus den USA werden inzwischen auch verstärkt Veteranen geworben – unter dem Titel „Welcome back – Dankeschön!“ Von vergleichbaren Initiativen in Rußland ist bisher nichts bekannt. Ein großer Teil der japanischen Besucher – immerhin fast 30.000 in den ersten acht Monaten dieses Jahres – verfolgt hingegen Geschäfts- oder architektonische Interessen. „Es kommen ganze Gruppen, um sich den Bau des Japaners Arata Isozaki auf dem Potsdamer Platz anzugucken“, so Buhmann. „Unter Architekten und Stadtplanern in Japan ist ein regelrechter Berlin-Boom ausgelöst worden.“

Davon wiederum profitiert auch die Philharmonie: Japaner gelten als Liebhaber klassischer Musik. Und so strahlen den Tokioter in seinem Reisebüro vermutlich die Berliner Philharmoniker von einem Plakat an der Wand an – und den New Yorker staunende Kinderaugen unter Rosinenbombern. Jeannette Goddar

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