: Stinken und lärmen unter der Decke
Über der Hafenstraße soll ein Park entstehen. Anwohner präsentieren einen Entwurf, die CDU sieht auf St. Pauli „Yuppie-Paradies“entstehen ■ Von Heike Haarhoff
Kein Autolärm mehr am Elbufer: Der Verkehr in der Hafenstraße wurde einfach ein paar Meter tiefer gelegt und mit Hilfe einer Betondecke in einen schalldichten Tunnel verbannt, ähnlich dem am Düsseldorfer Rheinufer. Auf dieser Betondecke lagern Erdschichten, wachsen Gras und Bäume, haben sich Cafés eingerichtet, gibt es ein Schwimmbad, Fußwege und eine Veranstaltungshalle.
Was sich liest wie eine Utopie, ist eine real existierende Parklandschaft – zu besichtigen am Modell von Mitgliedern der Hafenstraßen-Genossenschaft „Alternativen am Elbufer“. Ende April oder Anfang Mai wollen sie den Entwurf auf der Stadtteilkonferenz erstmals in großer Runde vorstellen.
Wenn es nach den Plänen der Modell-BauerInnen geht, würde die Hafenstraße zwischen Fischmarkt und Landungsbrücken für Autos und Laster künftig nicht mehr befahrbar sein. „Ob die Straße dazu tiefer gelegt, überdeckelt wird oder ganz verlegt wird, wäre noch zu diskutieren“, sagt Mitinitiatorin Anne Reiche. Der Vorteil: Die Menschen im dicht besiedelten St. Pauli hätten eine große öffentliche Grünfläche, AnwohnerInnen der stark befahrenen Hafenstraße könnten wieder bei geöffnetem Fenster schlafen. Und Hamburg hätte seinen TouristInnen einen attraktiveren Weg zum Fischmarkt zu bieten.
Ein Modell, dessen Charme auch Stadtentwicklungssenator Willfried Maier (GAL) nicht entging, als Vertreter der Hafenstraße es ihm Anfang März vorstellten. Leider, bedauert Maiers Sprecherin Ina Klotzhuber, sei die Idee aber „nicht eben billig“: Eine Milliarde Mark Gesamtkosten seien nicht unrealistisch. Und die könnten „angesichts der Haushaltslage der Stadt höchstens von Investoren“eingeworben werden.
„Wir wollen dieses Konzept zunächst inhaltlich diskutieren“, stellt Reiche klar. „Die Frage ist: Welche Stadtplanung braucht der Stadtteil?“Das sei im Anschluß an die Stadtteilkonferenz zu klären, bevor das Modell durch Finanzkalkulationen gleich wieder kaputt gerechnet werde.
Einfach dürfte dieser Prozeß nicht werden: „Ich halte die Planung für nicht seriös“, kommentierte vorab schon mal der Sprecher der Verkehrsbehörde, Jürgen Asmussen. Und der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Ralf Niedmers, der von dem unverbindlichen Informationsgespräch zwischen Stadtentwicklungssenator und den HafensträßlerInnen Wind bekommen hatte, wittert sogleich einen Skandal: „An der Hafenstraße stinkt es“, pressemitteilte er in der vergangenen Woche. „Es ist indiskutabel, daß das ganze Land den Gürtel enger schnallen muß und gleichzeitig den Bewohnern der Hafenstraße ein blühendes Yuppie-Paradies errichtet wird.“
Vorwürfe, die Anne Reiche entschieden zurückweist: „Es geht nicht darum, daß wir hier einen hübschen Vorgarten haben wollen.“Von dem Park profitiere die ganze Stadt. Dazu solle das Modell, „das selbstverständlich überarbeitet werden kann“, in den kommenden Monaten „gleichberechtigt mit allen Bewohnern dieser Stadt“diskutiert werden. Denkbar sei auch eine MieterInnen-Initiative. Im übrigen könne die Finanzierung statt durch die Stadt auch über Spenden, Mäzene, Eigenleistung oder Investoren erfolgen.
Kontakt: Alternativen am Elbufer, St. Pauli-Hafenstraße, 20359 Hamburg, oder taz hamburg, Redaktion Stadtentwicklung
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