■ H.G. Hollein
: Hegeliana

Die Frau, mit der ich lebe, ist mir gelegentlich argumentativ überlegen. „Trieb ist zufällig, es muß auch sein Negiertsein gesetzt werden,“ beschied sie mir unlängst in eindeutiger Situation. Das vernahm ich gar nicht gern, zumal es nach einer jener berufenen Quellen klang, die schier unerschöpflich zu sprudeln pflegen. Durch klug verdeckte Observation gelang es mir jedoch alsbald, der Gefährtin neuesten Wissensborn zu ermitteln. Hegels „Grundlinien der Philosophie des Rechts“ waren es, die so schnöde unsere traute Zweisamkeit zu unterhöhlen drohten. Seitdem – wann immer die Gefährtin außer Haus ist – notiere ich mir eifrig, was sich, nonchalant ins Gespräch geflochten, nach tiefer geistiger Gründung anhört. „Der allergrößte Teil der deutschen Literatur ist Fabrikwesen, bare Industrie geworden“, ist allein schon ob seiner Rhythmik an jedem Sektstand auf Kampnagel der absolute Bringer. Aber Hegel hat auch seine praktische Seite. Von Kollegin L. um Hilfe beim Zusammendübeln ihrer neuen Ikea-Küche angefleht, antwortete ich: „Erst das Begreifen ist das Durchbohren des Gegenstandes, der dir nun nicht mehr gegenübersteht und dem du so das Eigene nimmst, das er gegen dich hat.“ Mein huldvoll-ermutigender Zusatz: „Materie ist nichts gegen den Willen“, ging allerdings in ihrem wütenden Kreischen unter. Natürlich brannte ich auch darauf, der Gefährtin hegelianesk-souverän Paroli zu bieten. So trat ich denn unlängst nach Feierabend wieder vor sie hin und sprach also: „Mein Wille ist, sich objektiv darstellend, im Zeichen subjektiv!“ Allein, die Gefährtin meinte nur, das Zeichen kenne sie schon. „Faselei der Willkür“ sei's und drum „als Seiendes nur zufällig“. Immerhin weiß ich jetzt, was Hegel unter einem nichtigen Wollen versteht.