Kommentar: „Rahmen“-Lügen
■ Erneuter Übergriff in Oslebshausen
Der Bremer Knastskandal hatte viele Facetten: Es gab Übergriffe unter Häftlingen. Es gab Beteiligungen von Wärtern. Es hat einen Untersuchungsausschuß gegeben. Knast-Chef und Justizstaatsrat mußten ihre Hüte nehmen. Und Senator Henning Scherf versteckte sich hinter seiner „Rahmen“-Verantwortung – wir erinnern uns.
Viel ist während der Aufarbeitung der Vorfälle diskutiert worden: Ist der liberale Strafvollzug gescheitert? Was hilft mehr – Repression oder Prävention? Kann der Staat in solch einem Schmelztigel von Gewalt, wie ihn ein Gefängnis nun einmal darstellt, die Sicherheit des Einzelnen garantieren? Fragen über Fragen, die es nicht erst angesichts des erneuten Falles schleunigst zu klären gilt.
Denn rein rechtlich betrachtet, steht der Staat in der Pflicht, auch Gefängnisinsassen zu schützen. Und genau das beeilten sich, als der Knastskandal ruchbar wurde, die Politiker gebetsmühlenartig zu versichern – allen voran der zuständige Senator. Man werde Sofortmaßnahmen ergreifen, um weitere Übergriffe dauerhaft auszuschließen. Gut gebrüllt, Löwe, und den eigenen Kopf gerettet. Nicht aber den des jetzt abgestochenen Häftlings. Zum Glück sollen in der kommenden Legislaturperiode Bürgermeisteramt und Justizressort getrennt werden. Und zum Glück für Scherf trägt er nur eine „Rahmen“-Verantwortung. Denn trotz leerer Versprechen muß er sich somit nur an „Rahmen“-Lügen messen lassen. Jens Tittmann
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