Forschungsschiff Meteor legt los

■ Bremer MeeresforscherInnen stechen in See und sammeln Sedimentproben von der Nordsee bis zu den Kanaren

Blauester Himmel. Sonnenschein. Ein bisschen Wellengeplänkel. Der Europahafen ist leer gefegt. Nur die Meteor liegt im Hafen. Drei Mal klingt das Schiffshorn. Noch einmal winken. Noch einmal Taschentücher schwenken. Und die große Fahrt geht los. Am Freitag verließen 28 WissenschaftlerInnen den Bremer Hafen – auf dem Weg zu den Kanaren, via Helgoland und Skaggerag. Dort wollen sie Bodenproben entnehmen, um vielleicht die Lücken der Klimageschichte Nordeuropas zu schließen.

Trotz momentanem Hoch sind die Aussichten erstmal düster für Susanne Neuer, Geowissenschaftlerin an der Uni Bremen. Der geplante Zwischenstopp bei Helgoland steht gerade wieder in den Sternen. Sturmwarnung für die Nordsee. „Vielleicht fahren wir gleich durch zum Skaggerag.“ Denn die Wissenschaftlerin braucht ruhige See für ihre Proben. Windstärke unter Acht. Und keinen Seegang.

Die Proben, die Neuer im Sinn hat, gleichen einem Mammut-Unternehmen. Zwölf bis 18 Meter Bodensediment will die Wissenschaftlerin nehmen. Je tiefer der Bohrer kommt, desto älter die Sedimentschichten, desto mehr Hinweise auf Klimaveränderungen. Bis zu acht Tonnen Bohrgerät werden in die See gesenkt, um den Bohrer möglichst tief in den Grund zu rammen. Dabei sollte das Schiff nicht allzu viel wackeln. „Sonst kommt nur Banane raus“, sagt der Geowissenschaflter Gerold Wefer vom Zentrum für Marine Umweltwissenschaften (Marum). Helgoland wäre gar nicht so kompliziert. Da ist die See nicht tief und man kann in zehn Minuten fertig sein mit Bohren. Bei den Kanaren kann das drei Stunden dauern. In 5.000 Meter Tiefe fängt der Boden erst an. Da entstehen leicht Zugkräfte bis zu 20 Tonnen. Zwar „hantieren wir schon mit ganz gewaltigen Gewichten“, sagt Wefer. Aber die WissenschaftlerInnen würden gerne tiefer gehen. Mehr erlaubt die Meteor allerdings nicht, „sonst könnte das Schiff umkippen.“

Kaum ein anderes Schiff hat so viel Platz für wissenschaftlichen High-Tech und schwere Lastenkräne als die Meteor. 20 Laboratorien sind hier untergebracht. 400 Quadratmeter Arbeitsplatz an Deck. Seit 1986 kreuzt die Meteor im Einsatz für Geowissenschaftler, Meteorologen und Ozeonographen. Nun zum 45. Mal. Sie gehört der Bundesregierung und nimmt alle WissenschaftlerInnen an Bord, deren Antrag bei der Deutschen Forschungsgesellschaft überzeugend war.

Auf dem Deck stehen die Container der Bremer Universität. Die WissenschaftlerInnen machen ihr Material gerade fahrttauglich. Festzurren ist die Devise. Monitore werden angekettet. Die müssen auch bei Sturmgang fest am Platz stehen. Während der Fahrt will man mit den Auswertungen der Sedimentproben anfangen. Susanne Neuer will damit die Klimageschichte Nordeuropas erforschen. Konkret die letzten 5.000 Jahre. „Da herrscht noch großer Forschungsbedarf“, sagt auch Kollege Gerold Wefer. Die Klimaveränderungen waren sehr viel kurzfristiger als gedacht. Und das hofft man mittels Bodensedimenten genau belegen zu können. Prüfen will man auch wie El Niño und die nord-atlantische Zirkulation zusammenhängen.

Auf der Wetterwarte sitzt Gerhard Kahl. Um ihn herum Landkarten, Computer mit vielen schnellen Wolkenbildern. Der Meteorologe hat seinen Arbeitsplatz beim Deutschen Wetterdienst in Hamburg mit dem Schiff eingetauscht. „Hier habe ich nur zwei Kunden“, sagt der Mittfünfziger. Den Kapitän und die wissenschaftliche Fahrleiterin. Nach seinen Prognosen richten sich die Unternehmungen der WissenschaftlerInnen. Sagt er „Sturm“, kann nicht gebohrt werden. Kahl mag den Dienst an Bord: „Hier sehe ich direkt, ob die Prognosen stimmen.“ Zwei Mal war Kahl schon unterwegs. Jedes Mal, sagt er, war man mit seinen Wetter-Einschätzungen ganz zufrieden.

Vier Wochen bleiben die meisten WissenschaftlerInnen an Bord. Auf Gran Canaria ist dann Teamwechsel. Dann werden die schweren Teile zurück nach Bremen verschifft. Hier wird noch lange weiter gearbeitet an den Proben. Mit Ergebnissen wird in einigen Monaten gerechnet. pipe