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Grünes Reisen

Die Nische Ökotourismus legt stetig zu, und auf dem Marktplatz für anderes Reisen in Heidelberg stellte sie aus. Statt spartanischem Öko-Image nun der Verwöhntrip

„Kaum einer, der im letzten Geschäftsjahr nicht um die 30 Prozent Zuwachs hatte“, meint Kai Pardon vom „forum anders reisen“, einem Netzwerk 80 kleinerer Reiseveranstalter. Die Nische Ökotourismus legt stetig zu, auch wenn nicht viele Bundesbürger das Urlaubsgrün der kleinen Anbieter buchen. Auf maximal eine Million schätzt Herbert Hamele vom Infopool „Ecotrans“ ihre Zahl. Aber Hamele weiß auch, dass viel mehr zu erreichen ist.

Über 100 kleinere Reiseveranstalter samt Fachleuten aus Umweltorganisationen fanden sich letztes Wochenende auf dem „Marktplatz für anderes Reisen“, dem „Reisepavillon“ ein. Es war der 11. Pavillon und der erste an einem neuen Standort: Statt Hannover war die Universitätsstadt Heidelberg angesagt. Im Prunk und Plüsch der historischen Stadthalle präsentierte die alternative Reiseszene ihre vertraute Mischung aus Information über umweltverträgliches Reisen und einer Fülle von Angeboten: Trips in Biosphärenreservate, Reisen per Fahrrad, Kanu oder auf den eigenen zwei Beinen, Meditations-, Mal- und Erlebnistrips in schöne Landschaften, Eltern-Kind-Reisen und vieles andere mehr. Das Rahmenprogramm bot neben Diashows allerlei Extras wie Vollwertküche und Feuerlauf am Neckar. Auf allen Etagen und in allen Nischen herrschte Rauchverbot. Und wie immer wurde diskutiert: über Netzwerke, die Chancen „nachhaltiger“ Entwicklungen, über die Reiseszene selbst.

Die vor Jahren noch heftig geführte Debatte über die Umwelt schädigenden Flugreisen hat sich allerdings erledigt. Zahlreiche Veranstalter haben Fernreisen im Programm und stellen nun ohne Not ihren Ökoexkursionen in die letzten Reservate dieser Welt auch Langstreckenflüge voran. „Dagegen will niemand mehr was machen“, meint etwa Manfred Reuther, der das Magazin Verträglich Reisen herausgibt. „Die Ökoreise hat ihr Image verändert, das eingeschränkt Spartanische ist abgelegt.“ Man ist auf dem Verwöhntrip.

Auch wenn Puristen manchmal noch murren – Vermarktungsthemen dominieren. Schwerpunkt der diesjährigen Fachveranstaltungen war das leidige Thema „Gütesiegel“. Leidig deshalb, weil bei der verwirrenden Vielfalt der Ökolabel inzwischen niemand mehr durchblickt, ob überhaupt noch Öko drin ist, wo Öko draufsteht. Europaweit kursieren 60 Gütesiegel. Eines der ältesten Label, die „Ecotrans“ vorstellte, ist auch eines der schlichtesten: die „Blaue Schwalbe“, kreiert vom Magazin Verträglich Reisen. Sie wird an touristische Unterkünfte vergeben nach Kriterien wie gesunde und regionale Küche, Müllvermeidung und Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel. Hotels, die dies von sich behaupten, können im Verträglich Reisen-Magazin unter dem Emblem werben. Eine Kontrolle dieser Hotels erübrige sich, erklärt Manfred Reuther, denn dieses System kontrolliere sich quasi selbst – über die Gäste. Eine Vermarktungsstrategie, die erfolgreich funktioniert.

Und Vermarktung tut Not. Keines der herkömmlichen Reisebüros hat die sanften Reisen im Programm; ein Drittel der Gäste findet über Mundpropaganda zum Kleinveranstalter. Dass das Umweltbundesamt nun eine Dachmarke für Umweltprodukte auf dem Tourismusmarkt plant, ist überfällig. Einen Schub erwartet die alternative Reiseszene vom Jahr des Ökotourismus, das die UN für 2002 proklamiert hat.

Anke Biedenkapp, die Initiatorin des Reisepavillons, will diese Chance nutzen: Der „Marktplatz“ wird im kommenden Jahr wieder in Hannover aufgebaut, aber größer und strukturierter. Sogar konventionelle Anbieter will sie einladen, „damit die einmal ihre grüne Seite zeigen“.

CHRISTEL BURGHOFF

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