: Teilerfolg für Immigranten
Nach elf Tagen Hungerstreik sagt Spaniens Regierung 700 Einwanderern in Barcelona zu, ihre abgelehnten Anträge auf eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis neu zu überprüfen. Das Beispiel könnte jetzt auch andernorts in Spanien Schule machen
aus Madrid REINER WANDLER
Die Gesichter der Immigranten wirken müde und abgespannt, aber dennoch glücklich. Nach elf Tagen Hungerstreik haben die knapp 700 Einwanderer, die sich in acht Kirchen im nordspanischen Barcelona eingeschlossen haben, einen wichtigen Erfolg errungen. Die 20.000 beim Regularisierungsprozess im vergangenen Jahr alleine in der nordspanischen Metropole abgelehnten Anträge auf eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung werden noch einmal überprüft. Das sicherte am Dienstagabend die Regierung in Madrid zu.
„Wir haben nichts dagegen, dass dieses Verfahren von einer Kommission aus den Gruppen überwacht wird, mit denen wir beim Thema Immigration seit mehreren Jahren zusammenarbeiten“, verkündete ein Sprecher der Regierungsdelegation in Barcelona. Gemeint sind neben der katholischen Caritas die beiden großen Gewerkschaften des Landes, CCOO und UGT. Die 700 eingeschlossenen Ausländer ohne Papiere wollen jetzt beraten, ob sie ihre Aktion abbrechen oder ob sie weiterhin auf ihrer ursprünglichen Forderung nach „Papieren für alle“ festhalten wollen.
Mehrere Teilnehmer des Hungerstreiks wurden bereits ins Krankenhaus eingeliefert. Zwei von ihnen sind an Tuberkulose erkrankt. Doch für Spaniens Regierung ist der Konflikt noch längst nicht ausgestanden. Denn das Beispiel Barcelona macht Schule. Mittlerweile sind in mehreren Gemeinden rund um die Mittelmeermetropole und im Süden Spaniens weitere Immigranten in einen Hungerstreik getreten.
Abschiebung im Schnellverfahren droht
In Barcelona war die Quote der Ablehnungen bei der letztjährigen Regularisierung am höchsten. 70 Prozent der „sin papeles“ bekamen einen negativen Bescheid. Seit vor zehn Tagen das neue Ausländergesetz in Kraft trat, müssen die Betroffenen mit einer Abschiebung im Schnellverfahren rechnen. Spanienweit wurden rund 140.000 Aufenthaltsgenehmigungen ausgestellt. Mit 230.000 waren doppelt so viele Anträge eingegangen, wie die Behörden erwartet hatten. Mittlerweile überlegt sich der im Innenministerium angesiedelte Ausländerbeauftragte, Enrique Fernandez-Miranda, ob er weitere 60.000 „in einem freundschaftlichen Angebot“ regularisieren soll.
Spanien, in den 60er-Jahren selbst ein Land der Emigration, ist mittlerweile zum Einwanderungsland geworden. Die Flüchtlingskommission (CEAR) veröffentlichte in der vergangenen Woche eine Studie, die belegt, dass Spanien jährlich 300.000 Immigranten braucht, wenn das Wirtschafts- und Sozialsystem nicht zusammenbrechen soll. „Spanien wird im Jahr 2050 das Land mit dem höchsten Altersdurchschnitt weltweit sein“, rechnete CEAR kürzlich vor.
Durch die Nähe Afrikas – die Meerenge von Gibraltar ist gerade einmal 14 Kilometer breit – gelangen seit Jahren Arbeitskräfte illegal ins Land. Sie arbeiten vor allem in der Landwirtschaft und als Haushaltshilfen. Dem will die Regierung jetzt einen Riegel vorschieben. Künftig sollen die Ausländer direkt in ihren Heimatländern angeworben werden.
„Wir brauchen keine Illegalen, wir brauchen Menschen, die mit einem Arbeitsvertrag in der Tasche zu uns ins Land kommen“, erklärte der konservative Regierungschef José María Aznar, als das neue Ausländergesetz in Kraft trat. Madrid will mit einigen Ländern – darunter mehrere lateinamerikanische Staaten, Marokko und Polen – Einwanderungsabkommen aushandeln. Das erste derartige Abkommen, mit Ecuador, ist bereits unterschriftsreif.
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