: Schweizer Vorbild
betr.: „Eines ist sicher: Die Rentenreform“ u. a., taz vom 27./28. 1. 01
Eine Rentenreform ist notwendig. Doch mit ihrem Konzept, die gesetzlichen Renten zu senken und dafür private Vorsorge zu fördern, benachteiligen Regierung und Opposition Menschen, die kaum Geld ansparen können – v. a. Leute ohne oder mit geringem Erwerbseinkommen sowie Familien bzw. Personen, die sich den „Luxus“ von Kindern gönnen und damit für den Nachwuchs sorgen, der auch den kinderlosen Aktiensparern einmal ihre Rente zahlt – sowohl beim heute gültigen Umlageverfahren als auch beim eventuell stärker kapitalgedeckten System der Zukunft [...]
Ein solidarischeres Konzept findet sich z. B. in der „erzkapitalistischen“ Schweiz: Alle SchweizerInnen ab 20 Jahren zahlen einen Teil ihrer Einkünfte in die „Alters- und Hinterbliebenenversorgung“ (AVH) ein. Zur Zeit beträgt der Beitragssatz je 5,05 Prozent (des Bruttolohns) für Arbeitgeber- und ArbeitnehmerInnen sowie 7,8 Prozent des zu versteuernden Einkommens (inklusive der Kapitaleinkünfte!) für Selbständige; bei Arbeitslosen wird die AVH-Prämie vom Arbeitslosentagegeld abgezogen. Aus diesem Topf wird eine Basissicherung für alle in Höhe von maximal 2.500 Mark/Monat und minimal 1.250 Mark/Monat gezahlt, die sich in ihrer Höhe nach den anrechenbaren Beitragsjahren und dem durchschnittlichen Jahreseinkommen berechnet. Außerdem gibt es die auf ArbeitnehmerInnen beschränkte und seit 1985 für alle (!) Betriebe verbindliche „Berufliche Vorsorge“ (BV), die nach dem Prinzip der Kapitaldeckung funktioniert: Vom Lohn werden Arbeitgeber- und ArbeitnehmerInnenbeiträge von je sechs bis zwölf Prozent (je nach Leistung der Pensionskasse) abgezogen; die Beschäftigten erhalten im Alter das angesparte Kapital plus der Anlagegewinne – oder eine monatliche Rente. Zusammen mit der AVH soll die BV den Lebensstandard im Alter sichern. Als dritte Säule dient die private Vorsorge – pro Jahr können Angestellte 7.200 Mark und Selbstständige 36.000 Mark steuerfrei fürs Alter anlegen. Dieses System ist im Gegensatz zum deutschen „Reform“-Konzept langfristig krisenfest, solidarisch und leistungsorientiert – was will man/frau mehr? MICHAEL KRAUS, Würzburg
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