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Wie Trittin die Basis mobilisiert

Im Wendland laufen die Vorbereitungen für den Tag X gut und Widerspruchsgeist erwacht

HANNOVER taz ■ Bundesumweltminister Jürgen Trittin hat gekniffen. Gestern sollte er eigentlich auf einer lang geplanten Veranstaltung der Grünen im niedersächsischen Uelzen über ökologischen Landbau auftreten. Im Landkreis war er auch, ökologische Projekte hat er besichtigt, doch zu der Veranstaltung kam er nicht mehr. Überraschend setzte er sich nach Hamburg ab. Vergeblich hatten rund sechzig Mitglieder der BI Lüchow-Dannenberg mit zwanzig Treckern auf den Umweltminister gewartet, der von Blockaden gegen „nötige“ Atommülltransporte so herzhaft abgeraten hatte.

Die Vorbereitungen im Wendland für den neuerlichen Tag X Ende März, den jetzt auf dem deutsch-französischen Gipfel bestätigten Termin für den nächsten Castor-Transport, laufen längst auf vollen Touren. „Der Transport, gegen den wir uns querstellen werden, soll die Fortsetzung des Atommülltourismus einleiten“, sagt BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Bei der Reise von sechs Behältern mit hochradioaktivem Müll aus der Wiederaufarbeitung in La Hague „geht es nicht um die Übernahme von Altlasten, sondern um die Fortsetzung der Wiederaufarbeitung, um weitere Müllvermehrung und natürlich auch darum, den weiteren Betrieb deutscher Kraftwerke wie des AKW Stade sicherzustellen“. Der BI-Sprecher verweist darauf, dass sich durch die Wiederaufarbeitung abgebrannter Elemente das Volumen des Atommülls vervielfacht und eine weitere radioaktive Belastung der Umgebung der WAA, vor allem des Meeres, verbunden ist.

Weil das französische Umweltschützer auch so sehen, sollen die Proteste gegen den Gorleben-Transport diesmal schon jenseits der Grenze in Frankreich beginnen. Der deutsch-französischen Regierungspartnerschaft zur Fortsetzung von Atomstrom- und Atommüllproduktion steht für den BI-Sprecher ein deutsch-französisches Bündnis von unten für den Ausstieg gegenüber. Aufgerufen zu den Protesten in Frankreich hat die 4. Vollversammlung des „Netzwerks für den Atomausstieg“, des „Réseau Sortir du Nucléaire“. Das 1997 gegründete Netzwerk vereint inzwischen 617 Organisationen mit rund 10.000 Mitgliedern.

Für wendländische Atomkraftgegner ist es nicht einfach, mit Protest auf einen Schlag dort wieder anzufangen, wo man beim letzten Transport im Frühjahr 1997 aufgehört hat. „Eine Bewegung lässt sich nicht auf einen Schlag wieder anschalten“, sagt Ehmke. Inzwischen allerdings werden nicht nur die alten Widerstandszeichen im Landkreis, die gelben X-Kreuze an den Straßen, frisch gestrichen oder neu gemalt. Auch bei der Aktion „X-tausendmal quer“, die 1997 die großen Straßen-Sitzblockaden organisierte, haben immerhin schon 4.000 Menschen angemeldet, die sich erneut vor die sechs Behälter setzen wollen. Nach Angaben von Wolfgang Ehmke treffen sich inzwischen auch die meisten Anti-Castor-Gruppen der BI wieder regelmäßig. Genutzt und keineswegs geschadet hat den AKW-Gegnern auch, dass der Bundesumweltminister den Mitgliedern seiner Partei das Blockieren und Demonstrieren in Gorleben vermiesen will. „So etwas weckt doch den Widerspruchsgeist, auch bei Aktivisten der Grünen, die bei den vergangenen Transporten dabei waren“, freut sich Ehmke. JÜRGEN VOGES

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