Er ist drin: Diepgen internettauglich

Der Regierende Bürgemeister will mit gutem Beispiel vorangehen und macht einen Internetführerschein

Demonstrativ, so betonte Eberhard Diepgen immer wieder, ganz demonstrativ wolle er jetzt mit guten Vorbild vorangehen. „Jeder muss seinen Beitrag leisten.“ Und „ein jedermann sollte das anstreben“, erklärte der Regierende Bügermeister Berlins großmundig. Was anstreben: Zivilcourage? Ein vernünftiges Mülltrennungssystem? Ehrenamtliche Sozialarbeit? Nein, Diepgen redet von dem globalen Thema, das uns alle berührt: dem Internet.

Ganz demonstrativ beschritt Diepgen gestern nun offiziel die Datenautobahn. In einer IBM-Schulung – ein Geburtstagsgeschenk von Kollegen – absolvierte er einen so genannten Internetführerschein. Demonstrativ durften Kamerateams und Journalisten das historische Ereignis begleiten.

Kurz vor dem Start ins Netz hatten Fernsehvertreter die Gelegenheit, investigative Fragen zu stellen. „Wie steht es mit den Internetverbindungen an Schulen?“, fragte keck eine junge Kollegin und streckte dem Bürgermeister das Mikro unter die Nase. „Nun mal gemach“, kontert Diepgen gelassen. Richtig, denn das Motto lautet ja heute: Erst ich, und dann sehen wir weiter. Kurzzeitig verirrte sich Diepgen doch auf der Datenautobahn und mutierte zum Geisterfahrer. Bei seiner Irrfahrt streifte er eine junge Journalistin mit der Gegenfrage: „Wann haben Sie denn mal den letzten Zehn-Seiten-Brief geschrieben? Das gab’s doch nur noch bei Ihrer Großmutter.“ Zum Glück kam er schnell wieder auf die rechte Bahn und kehrte den guten alten Zeiten den Rücken.

Auf, auf nun zum fröhlichen Jagen nach Informationen. Eine personalisierte Seite erwartete den Bürgermeister „Willkommen, Eberhard Diepgen“. Den Mausklick zu den Sport-News beherrschte Schüler Diepgen bereits perfekt. Hertha und Alba waren das Ziel der Begierde. Und dann schlossen sich schon wieder die Türen. Wie man einem Bürgermeister die schöne, weite Welt des Internets zeigt – vor allem, was man zeigt –, darüber hielt man sich bei IBM lieber in der sicheren Welt des Schulungsraums. Drin war nur, wer drin war.

Wie erst später verlautete, bestellte Diepgen ein Buch über Joschka Fischers Frankfurter Zeit, erkundigte sich nach einer Zugverbindung, war von Herthas Homepage begeistert und lobte die Bezirksseiten. Fazit: Der Kandidat hat bestanden. Herzlichen Glückwunsch, Herr Diepgen.

MAJA DREYER